Wenn ich mich auf eine Sache beschränken sollte, für die ich in 2018 eine Lösung gefunden habe, dann wären es die Gebisse. Ich habe so viele Gebisse im vergangenen Jahr ausprobiert wie noch nie zuvor.
Der Grund dafür: Beide Stuten sind extrem empfindlich im Maul, reagieren aber extrem unterschiedlich: Reitponystute Chamonix neigt dazu, sich einzurollen. Warmblutstute Ailena hebt sich heraus, sobald man eine Millisekunde zu spät mit der nachgebenden Hand ist.
Einfach & doppelt gebrochene Gebisse
Ich habe eine ganze Gebisssammlung ausprobiert. Angefangen mit einfach und doppelt gebrochenen Standardgebissen, von Sprenger Aurigan bis namenloses Konkurrenzprodukt. Dann, weil ich den Eindruck hatte, die Stuten möchten etwas Leichteres im Maul haben, habe ich Happy mouth Gebisse ausprobiert. Diese Plastik-Gebisse mit Apfelgeschmack. Das war besser, aber noch nicht ideal. Das Pony hatte innerhalb weniger Monate so auf dem Gebiss herumgekaut, dass scharfe Ecken entstanden. Das Gebiss wanderte in die Mülltonne. Ich wechselte auf eine Schenkeltrense mit recht dünnem doppelt gebrochenem Gebiss (das ist auf dem Foto unten zu sehen). Das lag schön ruhig durch die Schenkel, das fand Chamonix gar nicht so schlecht. Ideal war es dennoch nicht.
Titangebiss und Plastikgebisse
Ailena war mit ihrem einfach gebrochenen Gebiss nicht ganz unglücklich, ging mit dem doppelt gebrochenen Sprenger aber zufriedener. Blieb die Sache mit dem Gewicht. Ich wechselte zu Lorenzini Titan, ebenfalls doppelt gebrochen und dünner. Davon hatte ich viel Gutes gehört, es ist sehr leicht, es wärmt sich schnell an und die Pferde mögen das Material. Stimmt auch alles. Das Gebiss war jedoch anatomisch gebogen, ich hatte darauf beim Kauf nicht geachtet. Blöd, denn diese Form ist keineswegs sanfter, sondern unterbricht den polsternden Effekt der Zunge und ist damit direkter, also schärfer, als ein nicht anatomisch gebogenes Gebiss. Also funktionierte das recht gut, sie akzeptiert das Gebiss an sich super – aber wehe, ich war einen Ticken zu spät mit der Hand – das kam gar nicht gut an, also Problem weiterhin nicht gelöst. Dass ich nicht zu spät mit der Hand sein möchte ist klar und natürlich arbeite ich da dran – aber ich muss es ihr ja auch nicht unangenehmer machen, als es sein muss. Daher war meine Suche nicht beendet.
Empfehlung vom Tierarzt – und einer Schülerin von Chris Bartle
Dann las ich von Nathe-Gebissen. Das ist eigentlich ja nichts Neues, die gibt es schon lange. Aber sie waren aus meinem Blickfeld verschwunden. Dass diese Gebisse aus einem speziellen Kunststoff oft sehr gut angenommen werden von Pferden, die problematisch im Maul sind, hörte ich von vielen Seiten. Kennt Ihr das, wenn einem auf einmal von allen Seiten etwas über den Weg läuft? Ich sah dann bei meinem Besuch in England bei Vielseitigkeits-NationaltrainerChris Bartle ein Pferd einer Schülerin von ihm auf Nathe laufen und fragte sie, weshalb sie es nutzt und ob sie zufrieden ist. Ja, sagte sie, sie sei sehr zufrieden, das Pferd möge diese Stange sehr. Eine Stange? Ja, eine Stange.
Eine Stange namens Standardgebiss
Dann kam mein Tierarzt um den Pferden die Zähne zu machen, und ich erzählte ihm von den Anlehnungsproblemen und dass egal, wie fein ich mit der Hand sein möchte, beide Stuten nicht wirklich zufrieden liefen. Zu Ailena sagte er: „Sie ist bei der Zahnbehandlung sehr empfindlich am Gaumen und mag es nicht, wenn ich den Gaumen berühre. Probiere mal eine Stange aus!“ Dass die Stute sediert der Berührung am Gaumen ausweicht, fand ich schon beachtlich. Eine Stange empfahl mein Tierarzt, damit nichts an den Gaumen kommt, wie es mit gebrochenen Gebissen passieren kann.
Ideales Schäumen und endlich: Herandehnen!
Ich kaufte zunächst für Chamonix eine Nathe Stange, Standardgebiss nennt sich das bei der Firma. Das Material ist so flexibel, dass man es in der Hand biegen kann, es ist nicht starr (und es geht nicht vom Kauen kaputt!). Von Chamonix Reaktion auf das Gebiss war ich begeistert: Sie traute sich endlich, an das Gebiss heranzutreten und schäumte schön zart. So, wie man sich das wünscht, also keine riesigen Flocken und heftiges Sabbern, sondern ein schöner Schaumrand an den Lippen. Dann habe ich Ailena auch eine gekauft. Da genau das gleiche Ergebnis: Das Herausheben ist so gut wie weg, kommt fast gar nicht mehr vor. Sie läuft super zufrieden!
Gebisswechsel ersetzt niemals die Ausbildung
Die Gebisse sind keine Wundermittel und kaschieren Ausbildungslücken nicht. Dennoch ist deutlich spürbar, dass beide Pferde mit ihren Nathe-Stangen bisher von allem, was ich ausprobiert habe, am zufriedensten gehen. Zwar ist nicht alles komplett weg – Chamonix kommt zum Beispiel immer wieder noch zu eng, vor allem, wenn sie müde wird („Hinter die Senkrechte kommen ist oft eine Frage der Kraft!“, Zitat von Claudia Butry, recht hat sie). Aber sie sperrt weit weniger, als sie das zuvor tat (ohne Zügelkontakt – einfach so, am hingegebenen Zügel, macht sie das immer wieder mal. Ich deute das als Unbehagen bzgl. des Gebisses) und scheint die Stange und das Nathe-Material bisher am allerbesten von allen Gebissen zu finden.
Ausbildung und Ausrüstung
Natürlich sind Ausbildungsprobleme nicht mit Gegenständen zu kompensieren. Aber wenn ich das Gefühl habe, da stimmt was nicht ,das ist nicht ideal fürs Pferd, dann suche ich eben nach einer Verbesserung. Und die haben mir die Nathe-Gebisse für beide Stuten absolut gebracht!
P.S.: Auf wehorse habe ich aufgeschrieben, welche Dinge ich in 2018 noch so gelernt habe! Mit einer super Übung für einen schönen, getragenen Galopp von Claudia Butry.