Wo ich schwach geworden bin. Und das gerne.

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Überall liegt Neubeginn in der Luft: die Werbebroschüren preisen Fitnessgeräte an, mindestens ein Mensch aus dem Bekanntenkreis will seine Ernährung umstellen oder fastet bereits, der Winterschlussverkauf lässt die Produkte flüstern: „Nimm mich! Letzte Gelegenheit!“

Ich bin schon schwach geworden. Und zwar liebend gerne. Bei mir ist ein Sitzkissen und ein Sitzball beim Einkauf in den Wagen geplumpst. Die sind heute ins Büro eingezogen. Für beweglichere Reiterhüften und gegen Rücken- und Nackenstarre. Ich hab‘ in diesem neuen Jahr schon drei Mal Yoga gemacht und weiß: wenn ich das häufig genug und langfristig genug mache, wird mein Reiten besser. Ich werde geschmeidiger, ausbalancierter und bin dann weniger schief. Habe ich nämlich mal für zwei, drei Jahre perfekt in den Alltag integriert. Irgendwie ist es mir entschwunden.

Nein, nicht irgendwie. Weil ich dachte: „Kannst ja nicht noch mehr Freizeit-Zeit in den Alltag packen.“ Jeder Reiter weiß, wieviel Zeit so ein Pferd pro Woche braucht. Und wenn dann noch so Kleinigkeiten wie Beruf und Kind dazukommen wird’s knapp. Gern auch so viel geliebtes Tagwerk, dass es auch schon mal für die Nächte reicht. Ich kürze eh schon an Zeit mit Freunden (!!! ….was man nie darf und was ganz schlecht ist, aber dennoch…!!!) und auch am Mann (!!!. ..oh weia, mindestens genauso schlimm, siehe oben….!!!!). Kurzum: ich neige dazu, ein unsoziales Wesen zu werden, wenn ich nicht aufpasse.

First day in the office after a long break! In the mail: postcards by the artists Maria Mähler & Renate Blank. Makes mondays acceptable #equestrians #equine #equestrian

Das hier hat mir nach dem Urlaub übrigens den ersten Tag im Büro stark versüßt: Postkarten der Künsterinnen Maria Mähler und Renate Blank. So schön!

Dann noch Yoga für 1,2 Stunden? Nee. Dachte ich und jetzt ist die Quittung da, der Sitz wird immer schlechter und ich immer unsportlicher. Also: wird geändert. Mein Plan für 2016.

Einen Check-Up für das Pferdetraining habe ich für die pferdiathek soeben aufgeschrieben. Denn wer sich Lernfortschritt und gute Kondition wünscht, hat genau zwei Möglichkeiten:

A) Er kann das nach Bauchgefühl angehen. Oder B) er kann das geplant angehen. Der Vorteil von Planung: man kann Fortschritte besser nachvollziehen und bemerkt Veränderungen deutlicher. Lasst uns doch mal genau hinschauen, wie es bei Euch so aussieht.

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Vom Sylvestershooting – Fees skeptischer Blick auf die Nerd-Brille für Pferde. Foto: Klara Freitag

Check 1: Langfristig – was tut das Pferd eigentlich?

In meinem Sattelschrank hängt ein Kalender, in dem penibel notiert ist, was das Pferd wann getan hat (und wen wundert’s, dass für das Pferd und seine Bewegung Buch geführt wird, und der eigene Sport Jahre vergessen wird? Hmmm?). Viele Reiter bewegen Ihr Pferd nach Bauchgefühl und können bestenfalls sagen, wie lange sie meist reiten und wie oft pro Woche. Wer für Abwechslung, Konditionsaufbau und Lernfortschritt sorgen will, kann auch geplanter vorgehen. Testfrage: Wann habt Ihr das letzte Mal Euer Pferd über Cavalettis gearbeitet? Vor ein paar Tagen? Oder waren es doch zwei Wochen? Hängt einen Kalender im Sattelschrank auf. Tragt einfach dort jeden Tag ein, was ihr mit Eurem Pferd gemacht habt. Damit es nicht lästig wird, Kürzel verwenden (Minutenangaben, Smileys oder Plus-/Minuszeichen für die Zufriedenheit). So kann man mit einem Blick erkennen, was das Pferd pro Woche und Monat getan hat. Man sieht Phasen besser und was genau gut funktioniert. Ich habe so einen Planer seit Jahren im Schrank hängen (und dachte, ich mache daraus mal Tabellen, um Monats- und Jahrestrends zu machen. Daher sind die Jahre 2012, 2013 und 2014 säuberlich abgeheftet und warten auf Taten!). Vor allem finde ich das ganz wichtig, wenn sich mehr als eine Person ums Pferd kümmert. Bei meiner Fee ist es Dana, die sie zwei Mal pro Woche reitet, und Lotta, die in Ferienzeiten oder mal so zwischendurch dazukommt. Wir sind also immer zu zweit oder zu dritt. Mir ist es total wichtig, auf einen Blick zu sehen, was mein Pferd getan hat. Gute Kalenderblatt-Vorlagen zum Ausdrucken findet ihr in DIESER Pinterest-Sammlung.

Check 2: Kurzfristig – die richtige Dosis

Für diejenigen Reiter, die im täglichen Training gern zu viel machen und so in Gefahr laufen, ihr Pferd zu frustrieren, hat Andreas Mamerow einen Rat. Andreas Mamerow ist Mentaltrainer und Westerntrainer, er war zum Beispiel Teamchef der deutschen Mannschaft bei den Weltreiterspielen in Aachen.

„Mach Dir für jeden Trainingstag einen Plan, was Du mit Deinem Pferd machen willst und halte dich daran. Die Trainingsphase, exklusive Aufwärm- und Abwärmphase, darf nicht länger als 20 Minuten dauern. Für den Fall, dass das Trainingsziel für diesen Tag nicht funktioniert, halte einen Plan B bereit.“

Der Gedanke an Plan B ist superwichtig – denn sonst führen Trainingsziele schnell in die Frustration.

Gönne Dir beim Putzen oder Schrittreiten ein Gedankenloch. Dann sollen bitteschön alle Gedanken an Pflichten und Aspekte des Alltags verschwinden. Die dürfen gerne später, nach der Reitstunde, wieder kommen. Mach Dir Gedanken was Ihr heute tun könnt und wie Du runterstufst, falls Deine Idee heute nicht umzusetzen ist.

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Ohne Steigbügel – wann zuletzt gemacht, mhhh? Foto: Thomas Rubel

Wenn Du beginnst: Konzentriere Dich aufs Pferd, wie fühlt es sich an? Beginne es zu lösen und schau, was möglich ist. Was geht heute? Was bietet Dein Pferd an?

Das hier haben wir übrigens schon im Sack. Ist ja auch mal schön ;o).


Viel Spaß beim Ausprobieren!

Frohes Neues!

kleinmit Fee und Hannah

Unsinn machen. Genießen. So soll 2016 sein. Deshalb habe ich Foto-Requisiten fürs Pferdeshooting der anderen Art gebastelt: gigantisch große Schnauzbärte und eine Nerd-Brille fürs Pferd. Dann habe ich noch Lotta überredet (was gar nicht schwer war!) mitzumachen. Außerdem wollte ein entzückender kleiner Mensch unbedingt dabeisein, meine Tochter (die die absolut besten Grimassen drauf hat, siehe unten!)

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Steht Eldir die Brille nicht 1a? Und wie guckt der kleine Professor da im Bild rechts unten?

Lotta reitet Fee seit Jahren immer mal wieder, wenn sie mal etwas anderes unterm Sattel haben möchte als ihren Isländer Eldir. Der ist ein Gentleman, ein Monsieur, und zudem eine ziemlich schussfeste Socke, daher hat es ihm nun wirklich gar nix ausgemacht, verkleidet zu werden.

Lotta & Fee

Lotta & Fee                                                                                                          Alle Fotos: Klara Freitag

Meine Fee, die ja eine Prinzessin auf der Erbse mit Kampfesgeist ist, hatte da weniger Humor. Leichte Zumutung, Pappbrillen zu tragen und so. Obwohl: cool ist sie ja. Wir haben sogar PYLONEN in die Luft geworfen, um die Ohren mal nach vorn zu bekommen auf den Bildern, ein Krankenwagen fuhr auch noch vorbei, aber nöö, dafür war sie dann doch zu gechillt.

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Lotta & Eldir

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Meine zwei geliebten Felltiere, Fee und Nike.

Fee, ich habe verstanden: so n Blödsinn ist nix für Dich. Aber: Du hast ja auch Deine speziellen Minuten. Ich mach Deine Ausreißer im Wald mit Hintern in der Luft, weil Du wieder mal denkst, dass Du erst vier, fünf Jahre alt wärest, auch immer wieder mit. Musste durch, Deal?!

Was ich uns allen für das nächste Jahr wünsche:

  1. Gesundheit. Für Zweibeiner und Vierbeiner.
  2. Freude, jeden Tag, jedes Mal beim Pferd!
  3. Mehr Leichtigkeit! Beim Pferd, beim Mensch neben dem Pferd.
  4. Mehr Miteinander! Beim Pferd, beim Mensch neben dem Pferd.

Gesundheit und Freude. Nichts davon ist banal. Das hat mich das Jahr 2015 so sehr gelehrt. Ich habe ein Pferd verloren. Bin jeden Tag dankbar, meine Fee gesund bei mir zu haben. Ich sehe, mein Hund läuft jeden Tag schlechter, und ich werde meine wunderbare Hündin Nike irgendwann gehen lassen müssen. Freue mich über jedes Kopfreiben, Pfotenzucken im Schlaf, „Buff!“ sagen, Schwanzwedeln, Fellkraulen und selbst übers Futtermachen und Plastikbeutel tragen. Sie ist da. Sie lebt gern. Das zählt.

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Meine Süße, Nike und ich.

Freude: Ich habe im Jahr 2015 lieber als in jedem anderen für die Pferdeszene gearbeitet. Weil ich ein sehr simples Rezept befolgt habe: nur noch mit Menschen gearbeitet, die ich super finde. Es kamen vier neue Medien dazu, die ich nicht nur mag, sondern für die ich ohne zu lügen tatsächlich sagen kann: für die arbeite ich richtig gern. Die Welt am Sonntag & Welt, pferdia tv, das Hengstbuch, dieser Blog. Und ich kann ebenso ehrlich behaupten: ich hatte AUSSCHLIESSLICH großartige Kollegen, mit denen ich diese Dinger gewuppt habe. Eine EM. Einen 500-Seiten-plus-Wälzer. Ein Dreh. Ein noch geheimes Konzept. Ein neues Online-Magazin. Der Foto-Adventskalender auf der facebook-Seite von a life with horses.

Knaller. Mache ich nur noch so.

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Eldir, schnapp!                                                                                        Alle Fotos: Klara Freitag

Dankbarkeit. Für diese Tiere und die Menschen, die mein Leben bereichern. Ich bin jemand, der sich und seine Arbeit ständig hinterfragt. Der nie zufrieden ist mit seinem eigenen Reiten. Das ist keine Koketterie, bei allen positiven Effekten die es hat, wie Akribie und Wissensdurst stillen, ist so eine Unzufriedenheit gar nicht gut zur Vermehrung von Freude. Gerade deshalb schreibe ich so oft übers Nachdenken beim Reiten und über die Pferde. Weil ich darüber schreibend nachdenken muss, kann nicht anders. Und weil ich mich dadurch selbst immer wieder erinnere: Hey, es ist so schöööön! Check es! Sause nicht einfach dran vorbei! Guck hin!

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Huch! Fee mit Ohren nach vorn! Was ist passiert? Ein Raumschiff? Fliegender Sand?


DIY FOTO-REQUISITEN
Die Utensilien für die Menschen habe ich einfach bestellt, das Set HIER fand ich besonders schön. Die Requisiten für die Pferde sind selbstgemacht. So geht’s: Am symmetrischsten wird es, wenn ihr für die Brille und die Schnauzbärte eine Vorlage aus Papier herstellt: Papierbogen mittig falten, eine Seite bemalen, ausschneiden, auf die zweite Hälfte legen, diese ebenso ausschneiden, dann die Konturen auf den Karton übertragen. Der Karton sollte sehr stabil sein, ich habe einen Süßigkeiten-Karton für die Brille genutzt.

BrilleDer Boden ist die Brille geworden, die Seiten habe ich als Bügel genutzt. Das ist praktisch, weil man die Bügel / Seitenteile später ins Halfter stecken kann, so hält es gut ohne zusätzliche Befestigung. Beidseitig schwarz anmalen mit Acrylfarbe.
kleinDetailSchnurrbart_DSC1424 KopieIst alles getrocknet, dann klebt den Schnurrbart an einen Bambusstab oder ein Rundholz, und zwar so, dass er leicht schräg läuft, dann hält es sich leichter. Transparentes Paketklebeband ist dafür ideal. Wenn Ihr links vom Pferd stehen wollt, sollte der Stab nach links unten auslaufen (ähm, und wer hat daran wohl beim ersten Mal nicht gedacht, hmm? ;o))

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Fee so: Mrrrmphf. Ich so: Yeah!

Die Blüte fürs Pferd ist aus Seidenpapier gebastelt, wie das geht, findet ihr zum Beispiel HIER.

Wie bei den Schnurrbärten und Brillen gilt: Erst mal Pferd dran gewöhnen, auch wenn es Rosetten kennt, so eine Blume kann fürs Pferd furchtbar aussehen! Ich habe Fee mit der Blüte überall abgestrichen an Hals und Kopf (und gehofft, dass die Blüte dabei schön heile bleibt! Hat auch geklappt!). Und natürlich nichts am Pferd befestigt, bevor sie total relaxed war, egal, wo ich an ihrem Kopf damit rumgewackelt habe! Gleiches Spiel mit der Brille. Eldir hingegen war das alles von Anfang an total wurscht: Ob Brille, Hut oder was auch immer, er hat nicht einmal gezuckt.

Blume_Detail_DSC1437 KopieEin großes DANKESCHÖN geht an Klara Freitag, die die wunderbaren Fotos gemacht hat. Sehenswert ist ihr Instagram-Account namens Klariii_ , wusste nicht, dass unsere Gegend landschaftlich so ein Potential hat, bevor ich Klaras Bilder entdeckte. Lohnt sich, schaut mal rein! Fees Blütenhalfter hat Dana selbst genäht (beeindruckend, finde ich!) Danke Dana für die wunderschöne Requisite, die so gut zu Fees Kopfschmuck passte! Die Blüte hat meine Kollegin Christine mir gebastelt & geschenkt, danke dafür! An den kleinen Menschen: Du bist der Hammer. Lotta: Merci fürs Mitmachen & Deinen Humor! Whuaaa!!! Es war eine absolute Freude!

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Eldir schickt nen Kussmund für 2016 zu Euch rüber.

 

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PS: wer noch immer bei dem Satz „Ich habe ein Pferd verloren“ hängen geblieben ist – ich werde darüber schreiben. Irgendwann. Bald.

 

Kopf & Zahl: Niklas Bschorer

Auf der Geländestrecke: Niklas Bschorer unterwegs. Foto: Bschorer Family

Niklas Bschorer mit seinem Templer xx-Sohn Tom Tom Go unterwegs. Foto: Bschorer Family

 

Er gilt als eines der größten Nachwuchstalente der Vielseitigkeit: Niklas Bschorer, geboren 1994. Wer mal die Gelegenheit haben sollte, ihm zuzuschauen, sollte das unbedingt machen! Selten so ein feines lockeres Training  gesehen, wie bei Niklas Bschorer beim Nationenpreis der Vielseitigkeitsreiter in Aachen 2015. Danach habe ich ihn für Die Welt interviewt. Als ich ihn für diese Rubrik hier, Kopf & Zahl,  befragt habe, war er in England. Da wohnt er nämlich. Gerade hatte er seinen Trainings-Vormittag hinter sich und ging noch ein bisschen im Schritt bummeln. 

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seit fünf Jahren lebt er in England. „Eigentlich wollte ich nur für ein Jahr zu Chris Bartle, so wie in einem Schüleraustausch, aber dann ist es immer noch ein bisschen länger geworden.“

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Jahre alt ist Nachwuchspferd Call me tiger. Er ist sehr anhänglich, und das hat seinen Grund: „Meine Mutter hat ihn mit der Flasche großgezogen, weil er seine Mutter bei der Geburt verloren hat.“

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Der neunte Platz in Luhmühlen dieses Jahr war sein bislang größter Erfolg.

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Minuten von seinem heutigen britischem Wohnort Marlborough hat Mark Todd seinen Stall, und zu ihm fährt er wöchentlich zum Springtraining.

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Der zwölfte Sprung in Badminton 2015 war nicht seiner: Sein Pferd blieb stehen, und Niklas hangelte sich so souveran aus der Luft wieder in den Sattel, dass diese Bilderserie berühmt wurde.

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Mit 14 sattelte er von der Dressur um auf die Vielseitigkeit: „Bis dahin haben mich meine Eltern, beide sind Tierärzte und Dressurreiter, trainiert.“

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Jahre alt war Niklas, als er das britische Abitur ablegte. Seitdem reitet er nur – „aber bald werde ich in Deutschland Humanmedizin studieren.“

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Quadratmeter groß ist seine Wohnung am Stall, wo er für seine vier Pferde Boxen gemietet hat.

 


Die Rubrik „Kopf & Zahl“ schreibe ich seit 2012 für die Reiter Revue international. An dieser Stelle hier plaudere ich ein bisschen mehr aus – denn so schön ein kurzes Interview sich liest, es gibt noch sooo viele schöne Sachen drumherum zu erzählen!

 

Weiterlesen: Mein Portrait über Niklas Bschorer in der Zeitung Die Welt.

 

Gnade. Was man von Luca Moneta lernen kann.

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Inmitten seiner Sportpferde-Herde. Foto: Katja Stuppia, www.katjastuppia.ch

 

Lieben, verzeihen, gnädig miteinander umgehen. Darum geht’s doch an Weihnachten.

Und an der Bande? Und auf dem Turnier?

Wir machen uns so viele Gedanken um die Pferde. So soll das ja auch. Doch was ist mit der Person neben dem Pferd? Was ist mit dem Menschen im Sattel? Ist ja alles völlig unkompliziert, solange wir das okay finden, was derjenige da tut. Der Stallkollege, der Typ auf dem Abreitplatz, der lokale Trainer.

Aber was ist, wenn es uns wirklich missfällt?

Mund aufmachen, tuscheln, Videos drehen, sich abwenden?

Das ist die Frage der konkreten Situation. Ich wollte mit Euch heute jedoch über etwas anderes, etwas Generelles nachdenken. Wegen Weihnachten, Liebe, verzeihen, gnädig miteinander umgehen und so. Also: seid Ihr bereit für eine Runde Nachdenken?

Denn die Frage ist doch: Warum behandeln Menschen Pferde schlecht?

Wer sein Pferd traktiert, tut das überwiegend nicht aus Lust oder fehlender Selbstbeherrschung heraus (Überwiegend!). Grundsätzlich braucht es mehr. Auch wenn vielleicht eines von beiden mitschwingt. Wenn man unfair reitende Menschen fragt, was sie da tun und warum, dann sagen sie häufig Sätze wie:

„Da muss er durch!“

„Ich lass mir doch nicht auf der Nase herumtanzen.“

„Ich dachte, das muss jetzt sein.“

„Sonst läuft er gar nicht.“

„Der ist einfach dominant!

„Das lasse ich mir nicht gefallen, da hat der ja nach gefragt!“

All diese Gründe sagen: Der Mensch denkt, es geht nicht anders. Es ist scheinbar keine Alternative vorhanden.

Er sieht das Pferd als Gegenspieler und weiß sich keinen anderen Rat. Oft merken Reiter in solchen Situationen, dass irgendetwas schief läuft. Doch sie trauen sich nicht, aus den gängigen Vorschlägen auszusteigen.

Einerseits ist das Umfeld dabei sehr prägend: Wer umgeben ist von Menschen, die schon mal unfair handeln, sieht dieses unfaire Handeln zumindest als einen möglichen Weg – auch wenn er es generell gern anders hätte.

Die Hemmschwelle, sich selbst so zu verhalten, sinkt automatisch. Dann wird es erst im Guten versucht, ja, und wenn das nicht klappt, dann hat der Gaul es ja nicht anders verdient… siehe oben.

Zudem haben viele solcher Reiter schlichtweg kein Alternativkonzept zur Hand. Denn: sie würden ja gern anders, wissen aber nicht wirklich wie.

Also, was tun?

Besser machen.

Nicht verurteilen.

Das ist der Weg von Luca Moneta. Der Mann ist italienischer Springreiter und reitet international. Oberste Liga. Das große Aber: Fast alle seine Pferde waren mal Burn-out-Kandidaten. Die nicht mehr sprangen, die frustriert waren und nichts Gutes mehr vom Menschen erwarteten. Er bekommt sie alle wieder auf seine Seite. Er hält sie gut (Herde! Platz!), er reitet fein, im Gegenzug geben sie im Parcours alles für ihn. Seine Facebook-Seite: HIER

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Er kann so…

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…und auch so. Fotos: www.katjastuppia.ch

 

Der Mensch ist beeindruckend. Und auch sein Rezept, mit anderen Reitern umzugehen, die selbst einen anderen Weg eingeschlagen haben.

Er sagte diesbezüglich einmal zu mir, dass er denkt, dass Kritik nicht zum Umdenken führen wird. Erst, wenn man einen anderen Weg anbietet, der aber auch zum sportlichen Ziel führt, dann wird sich etwas verändern. Hier im Original, in leicht gebrochenem Englisch (stellt Euch den italienischen Akzent dazu vor):

„Everyone starts to ride horses because they love horses. Sports often make you forget why you ride horses.“

„What they do in dressage and show-jumping – it is great! But if we show them that they can get the same result without forcing, then they will love it!“

 

„My message: All what they do is perfect. And I really think that they are a very good riders. But they can improve the way together. If they take more emotion and mind and the spirit of the horse with them. They will get a different result with the horse being more collaborative.“

 

Luca Moneta, italienischer Springreiter und Pferdeversteher Foto: www.katjastuppia.ch

Foto: www.katjastuppia.ch


Es ist also eigentlich ganz einfach. Beispiel werden, Beispiel sein.

Ohne Selbstherrlichkeit, ohne Überheblichkeit. Und schon ist das mit dem Lieben, Gnädig sein und Verzeihen auch im Sack.

Das wird seine Wirkung zeigen, über kurz oder lang.

 

 

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Ein Dankeschön an Katja Stuppia für die wunderbaren Fotos!  Die Pferdefotografin aus der Schweiz (www.katjastuppia.ch) ist auch quasi die Entdeckerin von Luca Moneta im deutschsprachigen Raum. Durch einen Artikel von ihr in einem Schweizer Magazin bin ich auf diesen großartigen Pferdemenschen aufmerksam geworden und habe dann mehrfach mit ihm gesprochen, vor allem, als es um das Thema Burn out ging – das ich für den Pferdemarkt groß aufgeschrieben habe, und demnächst auch hier auf dem Blog zeigen werde. Danke, Katja! 

Luft rauslassen

Nike and Fee - like saturdays like this one #hacking #feeistdiebeste #dalmatian

Ich guck sie an, das beste Pferd und den besten Hund,  und denke >hach!< und gleich ist alles viel entspannter. Foto: a life with horses

 

a life with horses – Gedacht.

An jedem dritten Haus sehe ich Nadelbäume, noch im Netzstrumpf verpackt an der Hauswand lehnen. Tannen schauen aus Kofferräumen heraus, manche werden sogar auf Fahrrädern vorsichtig nach Hause transportiert. Wunschlisten kursieren. Wie viele Weihnachtsfeiern schaffen wir in einer Woche? Ach ja, die Geschenke. Schnell noch bestellen oder lieber mal sehen, ob da vor Ort im Geschäft noch etwas geht?

Es zieht an, merkt Ihrs?

Ausatmen. Luft rauslassen.

Geht in den Stall und macht ihn zu Eurer Insel des Durchatmens.

Ein Tipp für all die, die schlecht abschalten können:

Macht Euch eine Stressnotiz. Das geht so: Bevor man aus dem Auto steigt und zum Stall geht, den Stress vom Job oder zuhause in kurzen Stichworten aufschreiben. Alles, was heute genervt hat oder was man noch erledigen muss, kommt da drauf. Dieser Zettel bleibt im Auto liegen. Die Idee ist von Sportpsychologin und Reiterin Inga Wolframm. Dieses bisschen Papier macht den Kopf frei. Sie erklärt den Vorteil davon so: Das Problem ist notiert, es läuft nicht weg. Es beruhigt, zu wissen: darüber kann man sich auch nach dem Reiten noch Gedanken machen.

Also: Genießt es.

Jeden Tag.

Wir sind so beschenkt, dass wir diese Leidenschaft leben.

P.S.: Inga Wolframm ist grandios! Ein lohnender Geheimtipp ist ihr Blog, schaut mal rein: www.ingawolframm.com