Wir sind hip, wir Reiterinnen, und zwar alle.

Klein Mode

Kleiner Trick, große Wirkung: Frau stelle sich in diese Jungsgruppe. JEDER dort schreit: oh, Du bist aber interessant! Foto: Klara Freitag

 

Wir haben einen Tierarzt bei uns in der Gegend, der gut aussehen soll. Sagt man, ähm, Frau. Die Teenies kämmen sich die Haare auf den Toiletten der Reitställe, bevor er kommt, und die frisch Getrennten tauchen hübsch geschminkt im Stall auf. (Die ‚frisch Geschiedenen’ werden in einer Reitsportfirma intern tatsächlich als spezielle Zielgruppe gehandelt, um eine bestimmte Mode – enger, auffälliger, luxuriöser – zu kaufen. Unglaublich.)

Nicht, dass mir so etwas nicht auffallen würde („Wer ist DAS?“ war auch, obwohl ich durch beide oben genannten Zielgruppenraster falle, meine erste Frage).

Alle Heuhalme zu mir

Was mich noch brennender interessiert: Wie zur Hölle schaffen es überhaupt andere Frauen, am Stall gut auszusehen? Es gibt ja diese Menschen, die natürlicherweise wie aus dem Ei gepellt aussehen, immer. Ich gehöre jedoch eher zu „Alle-Heuhalme-der-Welt-kommt-her-zu-mir“-Fraktion.

Sobald ich auf dem Pferd sitze, ist mein Kopf rot. Sobald ich mein Pferd gekrault oder gestriegelt oder auch nur raus gebracht habe – ist da eine schöne schwarze Kante unter den Fingernägeln. Mein Pferd sabbert mich auch gern an, mit Möhrenspucke. Oder Leckerli-Schaumgemisch, gern in roten Tönen. Die verteilt es gern großflächig auf meiner Jacke. Unser Stall ist wirklich sauber und ordentlich, aber das heißt nicht, dass es mir nicht gelingen würde, mitten in die einsam ausharrende Matsche zu stampfen. Oder in Katzenfutterschüsseln. Ich habe auch gern Heu an den Ärmeln hängen oder an der Fleeceweste (wer zur Hölle erfindet Fleecewesten, an denen jedes Haar und jede Art von Einstreu kleben bleibt, für Reiter?).

Pferde machen von innen schön, ja, das würde ich sofort unterschreiben. Heu in Schubkarren laden und an neugierige Nasen verteilen: ziehe ich nach einem bescheidenen Tag sogar dem Yoga oder Weißwein vor (und beides mag ich sehr). Wenn irgendetwas besonders gut im Sattel geklappt hat: grinse ich noch Stunden danach. Ich will im Leben immer alles volle Kanne, und das heißt bei Pferden: mittendrin statt nett an der Bande in schick. Für mich. Kann ja jeder anders machen.

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Prada macht schwitzende Reiterinnen hip

Äußerlich bin ich damit hipper, als ich je dachte. Denn kürzlich wurde dieser Mitten-Drin-Look entdeckt. Von den ganz Großen des Modebusiness: Emilio Pucci, Prada und Gucci zum Beispiel. Der Look von Reiterinnen ist auf den Laufstegen der Welt angekommen.

Die typischste Reitfrisur überhaupt ist in: plattgedrücktes Haar, richtig angeklatscht, gern auch mit Gel am Ansatz, damit es noch ungewaschener aussieht, Seiten hinter die Ohren stecken, Strähnen so verwurschteln, dass es ein wenig ungekämmt, aber noch nicht verlaust aussieht. Als ich DIESE Fotos von der Mailand Fashion Week sah, dachte ich: Hey, so seh ich doch jedes Mal nach dem Reiten aus.

Und hab‘ das direkt mal nachgestylt (haha, das wollte ich immer schon mal sagen können).

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Entenschnute, aber viel wichtiger: Dieser unglaublich aufwendige Haarstyle.

 

Also, liebe Reiterinnen: egal, ob ihr zur ‚automatisch wie aus dem Ei gepellt’-Fraktion gehört oder zu meiner ‚ich sammele jedes Heuhälmchen auf’-Gruppe zählt: obenrum sind wir alle echt hip, sobald wir vom Pferd steigen und die Kappe abziehen.

Geht ja nicht, dass das niemand weiß, WIE trendy wir schwitzenden Reiterfrauen so sind, ne. Also: jetzt wisst Ihr’s.

Muss nur noch jemand den sich kämmenden Teenagern erzählen.

10 Dinge mit Pferden, die ich nie vor hatte, zu lernen

Hallo Gisl - einer der knuffigen Isländer bei uns am Stall. Foto: Klara Freitag

Hallo Gisl – einer der knuffigen Isländer bei uns am Stall. Die Jacke – siehe Punkt 2, Tag 3!  Foto: Klara Freitag

 

Als Pferdemensch lernt man so allerhand Dinge quasi nebenbei. Manchmal dauert die Lernphase 2 Sekunden, manchmal ein Jahrzehnt. Meine Top 10 der Dinge, die ich nie vor hatte, zu checken:

  1. Es braucht zwei leere Waschmaschinengänge, um Pferdehaare so sicher aus der Waschmaschine zu entfernen, dass die männlichen Hausgenossen sich nicht beklagen.
  1. Eine gute Jacke wird innerhalb von Sekunden zu einer Stalljacke. Typischer Verlauf:

Tag 1: Die neue Jacke ziehe ich nicht in den Stall an.
Tag 3: Ist ja nur kurz.
Tag 7: Letztes Mal ist auch nichts passiert.
Tag 8: Mist. Wusste ich’s doch!

  1. Verladen dauert 2 Sekunden, wenn man davon ausgeht, dass es 2 Stunden dauert.
  1. Verladen dauert 2 Stunden, wenn man davon ausgeht, dass es 2 Sekunden dauert.
  1. Reitende Shoppingmuffel erleben ganz neue Emotionen, wenn man sie mit in den Reitsportladen nimmt.
  1. Babyfeuchttücher gehören auf jede Monats-Einkaufliste. Auch wenn kein Baby im Haushalt lebt.
  1. Gerten und Handschuhe haben eine extrem hohe Verlustquote. (Ich habe schon mehrfach überlegt, ob ich so eine Schnur an meine Handschuhe nähen kann, wie sie Kinderhandschuhe haben. Aber dann stell‘ ich mir vor, wie ich mich schön mit Faden auf dem Pferd verwurschtele beim Jacke an- oder ausziehen und verliere doch lieber wieder mal einen Handschuh.)
  1. Der Kühlschrank ist für das Aufbewahren von Stall-Medikamenten da. Deshalb sind da ja auch diese Klappen in der Türe von dem Ding. Ist doch klar.
  1. Ampel-Hypnose: „Du bleibst grün!“ hilft, wenn man mit dem Anhänger dran der Ampel entgegenfährt (und die Fußgängerampel schön im Auge behält, weil sie das Vor-Orange ist).
  2. Schnell das Zimmer verlassen, und etwas von Hunger murmeln, wenn der männliche Hausgenosse fragt: „Wo sind denn die letzten drei Bananen hin?“

Fee geht in Rente und ich gebe das Reiten auf.

 

Alizée Froment auf Sultan, genannt Mr. Su. Das hier war die Generalprobe von ihrer Show in Herning, Dänemark. Foto: Klara Freitag

Alizée Froment auf Sultan, genannt Mr. Su. Das hier bei uns in der Reithalle war die Generalprobe von ihrer Show in Herning, Dänemark. Foto: Klara Freitag

 

Oder, weniger dramatisch formuliert: Warum es gut für das eigene Reiten ist, die Komfortzone zu verlassen. Denn heute geht es nicht um feine Gedanken. Sondern um puren Schweiß. Weil der manchmal weitaus hilfreicher ist, als jeder gnädige Gedanke.

 

Uuups! Schweiß und Durchhalteparolen?

 

Ja. Weil ich erst letztens wieder gesehen habe, wie gut das tut. Weil es vielleicht genau das Hebelchen ist, das vielen Freizeitreitern fehlt – mich eingeschlossen.

 

Das kam so:

Meine Freundin Philippa und ich haben einen Reitkurs mit Alizée Froment organisiert. Das ist die Reiterin, die auf vielen Shows in ganz Europa als Hauptact eingeladen wird, etwa auf der Equitana, und dort auf Halsring Galopp-Pirouetten dreht oder piaffiert. Bekannt wurde sie über’s Internet, als sie ein youtube-Video online stellte, das sie mit ihrem Pferd Mistral in Grand-Prix-Lektionen am Halsring zeigte. Damals war sie schon jahrelang die Trainerin der französischen Dressur-Pony-Nationalmannschaft und ritt im Turniersport bis Grand-Prix international. Ich wollte unbedingt wissen, wie ihre Grundlagenarbeit für diese Sachen aussieht. Denn Alizées Pferde gehen selbst am Halsring in einer guten Haltung und über den Rücken. Da fällt nichts auseinander, wie man das so oft sieht, sobald das Kopfstück fehlt. Im Herbst fuhr ich mit dem Team von pferdia tv zu Alizée Froment nach Hause, nach Südfrankreich, und wir filmten ihr Ausbildungssystem. Diesen Film wird es ganz bald zu kaufen geben. Und dort im Süden vereinbarten wir, dass Alizée Froment bei uns in Aachen einen Dressur-Kurs geben wird.

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In der Mittagspause bei uns auf dem Zirbelhof. Ganz links mit den roten Haaren Philippa, ganz rechts Alizée, die mit Mütze bin ich. Alle Fotos: Klara Freitag.

In der Mittagspause bei uns auf dem Zirbelhof. Ganz links mit den roten Haaren Philippa, ganz rechts Alizée, die mit Mütze bin ich. Alle Fotos: Klara Freitag.

 

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Alizée mit Mistral bei uns auf dem Reitkurs. Foto: Thomas Rubel

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Und mit Sultan in der Freiarbeit. Foto: Thomas Rubel

 

Jetzt im März war es soweit. Es war wunderschön, es kamen vom Therapie-Pony über den Arabo-Friesen bis zum S-Dressur-Reitpony ganz viele verschiedene Pferdetypen mit ihren Menschen, und Alizée Froment zeigte, wie sie sich die Basis-Gymnastizierung von Reitpferden vorstellte: Weg vom inneren Zügel, über den Rücken, vors Bein, viel Schenkelweichen. Jedes Pferd im Kurs bewegte sich am Ende seiner Einheit mehr durch den Körper als zuvor. Ich selbst bin allerdings nur ein Mal geritten, weil ich eine Grippe hatte. Eine richtig fiese. Mein Gefühl nach dem Kurs war: Ein System noch besser verstanden zu haben.

Eine Woche später sah ich mein Reitvideo dazu.

Es war alles andere als berauschend. Nicht aufgrund ihres Unterrichts – sondern weil mir selbst viele Basics flöten gegangen sind. Ich habe hier an dieser Stelle schon viel über das Gnädig-mit-sich-selbst-sein geschrieben, und darüber, dass man eben als Amateur so viele Baustellen im Leben hat, dass man kaum von sich verlangen kann, auch noch im Reiten exzellent zu sein.

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Die Bilder stammen aus der Reitsequenz, die auf dem Video wirklich furchtbar war. Beim zweiten Kurs wollte ich keine Fotos mehr - weil ich dachte: wird ja eh nur Mist. Wie man sich täuschen kann! Foto: Klara Freitag

Die Bilder stammen aus der Reitsequenz, die auf dem Video wirklich furchtbar war. Beim zweiten Kurs wollte ich keine Fotos mehr – weil ich dachte: wird ja eh nur Mist. Wie man sich täuschen kann! Foto: Klara Freitag

 

Tatsächlich jedoch habe ich nach diesem Video länger überlegt, ob ich das Pferd in Rente schicke. Ob das mit dem Reiten überhaupt noch Sinn macht. Ich habe einen Trainerschein, ich schreibe stets über die besten Reiter, die wir in Deutschland und Europa haben. Ich weiß schon, wie es aussehen müsste – und um so bitterer ist es, zu sehen, wie weit das theoretische Wissen vom praktischen Können divergiert. Ich überlegte also, was ich tun müsste, um besser zu werden. Schon zuvor stand fest: der nächste Kurs ist zwei Wochen später, wieder mit Alizée, dieses Mal in Belgien. Sollte ich das absagen? Den Platz jemandem geben, der es besser konnte, und diesen Top-Unterricht auch besser umsetzen konnte?

Nein, entschied ich, ich werde nicht kneifen. Ich habe mich vor dem Kurs mit meiner eigenen Unfähigkeit ausgesöhnt. Gedacht: Du kannst es eben nur so. Du versuchst einfach so viel wie möglich umzusetzen. Mache, was möglich ist.

Foto: Thomas Rubel

Ich als TT für Sultan! Foto: Thomas Rubel

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Alizée fand Philippas Dyri so süß, dass sie sich ein Selfie mit ihm wünschte. Weil er aussähe wie das Mammut aus Ice Age :o)).

 

Tja, und dann kam die Überraschung. Ich ächtze, ich schwitzte, ich war rot im Gesicht, ich schnaufte. Dennoch sollten wir immer wieder im Schenkelweichen durch die Bahn, im Schritt, im Trab, im Galopp, zwischendurch Schultervor, immer wieder auf 10-Meter-Volten, daraus hinaus in den Mitteltrab, Mittelgalopp, und wieder zurücknehmen. Ich merkte, das ist nicht toll, was Du da reiterlich hinlegst – und strich den Gedanken sofort wieder. Weil: machen statt denken.

Nach den ersten 20 Minuten Unterricht saß ich strahlend auf dem Pferd. Ächzend, schwitzend, aber strahlend! Zuhause hätte ich längst aufgehört, hätte gedacht: frag dieses oder jenes noch einmal ab, und wenn sie das ordentlich macht, hörst Du auf. Weil: Du blockierst ja das Pferd, das arme, und so reitest Du Dir nur Fehler selbst heran. Stattdessen spürte ich auf einmal, wie mein Pferd herantrat.

Es tat sich etwas. Je mehr ich durchhielt ohne zu zaudern, desto mehr klappte. Ganz langsam, aber so, dass ich es spüren konnte. Letztlich sind wir an diesem Tag bei Lektionen angekommen, die für mich vor Jahren selbstverständlich waren, und die es heute nicht mehr sind.

 

Abends schon sah ich das Reitvideo dazu. Oh Wunder, damit konnte ich ganz gut leben! Es gab immer noch etliche Fehler, aber dieses Video war um Welten besser als das erste.

 

Was ich daraus gelernt habe? Weitermachen. Ich glaube, als Freizeitreiter, der oft alleine vor sich hinreitet, geht man oft nicht weit genug. Oh, ich störe das Pferd? Sein lassen. Oh, ich sitze falsch, das kann Pferdchen ja gar nicht besser machen? Dann lieber wegstellen. Er ist heute nicht so frisch! Dann lieber nur ein bisschen was tun.

Falsch.

Das sind alles Gedanken pro-Pferd, die aber vielleicht gar nicht so pro-Pferd sind, wie ihre Intention. Denn klar gewinnt mein Pferd, wenn es gut gymnastiziert wird.

Genau dafür muss ich als Reiter manchmal einfach eine Schippe drauf legen.

 

Beste Freunde

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Die Zuckerschnuten Lina und Bryan.                                                                              Foto: Klara Freitag

 

Hineingekuschelt in unser kleines Heulager direkt neben dem Offenstall – das sind Lina und Bryan. Die beiden gehören zu einer der guten Seelen auf unserem Hof, also dem Hof, wo mein Pferd steht.

So richtig schätzen kann man viele Sachen erst, wenn sie nicht mehr normal sind. Hunde am Pferdestall zum Beispiel. Mein Herzenshund Nike ist nämlich alt (genau wie das Pferd, leider werden sie bei mir alle gleichzeitig zu Senioren momentan). Letzten Winter hat sie mich noch mit Hundemantel zum Stall begleitet, auf einem riiiiesigen Haufen Pferdedecken gelegen, oft sogar eingekuschelt darin, richtig warm eingepackt, das fand sie toll. Während ich Fee geputzt und geritten habe, lag sie da, während ich Reitunterricht für Kinder gegeben habe, hat sie die Nachmittage mit mir am Stall verbracht. Alle Kinder liebten meine Nike, einen Dalmatiner, und sie liebte die Kinderhände, vom Gemüt her ist sie nämlich eher eine Schmusekatze.

In diesem Herbst habe ich den letzten Ausritt mit ihr gemacht. Fee, Nike, ich. So war es oft, und es war herrlich. Von diesem letzten Ausritt gibt es sogar noch ein paar Bilder auf meinem Instagram-Account und auch HIER. Es war ein superschöner Samstag im Dezember. Was ich damals nicht geschrieben habe: Es war unser letzter gemeinsamer Ausritt. Nike hört fast nichts mehr, und das ist einfach zu gefährlich als Reitbegleithund. Das wurde mir an diesem Tag bewusst. Sie lief ein, zwei Meter neben dem Weg durch den Wald, und hörte mich nicht. Ich kann sie immer abrufen, eigentlich, und Pfeiffgeräusche kommen auch noch an, die kann sie noch hören. An dem Tag aber nicht, vielleicht kam der Wind von der falschen Seite? Ich entschied mich da für die Schock-Moment-Methode, trabte an, und zum Glück bemerkte Nike das und beeilte sich, uns hinterher zu kommen. Da dachte ich jedoch: Was, wenn sie irgendwas in die Nase bekommt, und ich sie mal nicht sofort zurückholen kann? Wenn sie mich nicht hört? Und auch nicht wahrnimmt? Sie würde im Wald umherirren. Es geht nicht mehr. Ich entschied: das war unser letzter Ausritt.

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„Nö. Ich geh‘ nicht mit.“ Das sagt mir mein Hund jetzt immer öfter. Früher musste ich darüber nachdenken, wie ich ihre große Bewegungslust stille, jetzt denke ich darüber nach „kann ich sie mitnehmen – oder ist der Weg zu weit?“                                                                       Foto: Gudrun Petersen

 

Es haben sich seitdem noch viel mehr Dinge verändert: Wir gehen jetzt auch nur noch mit Leine spazieren. Auch das, weil sie mich nicht mehr hört. Es gibt seit neuestem ein Treppengitter in meinem Haus, bei uns nicht fürs Kind, sondern weil der altersklapprige Hund die Treppe dreimal des Nachts herunter gefallen ist. Zu gefährlich. Wir haben auch die Glas-Haustüre blickdicht verhangen – bei jedem Schatten schlägt sie nämlich neuerdings an. Sie wird unsicherer und dadurch wachsamer, weil sie merkt, dass Kräfte schwinden, nehme ich an. Seit Weihnachten geht sie nur noch mit mir die kleinste Spazier-Runde, die möglich ist, dann will sie nach Hause. Mit allen anderen geht sie gar nicht mehr raus – sie bleibt einfach stehen, sobald sie Blase und Darm geleert hat und will zurück. Zum Reitunterricht kommt sie auch nicht mehr mit – es wäre nicht mehr schön für sie, es wäre nur unbequem und eine Zumutung. Mein liebster Hund ist eine alte Dame geworden, die zufrieden ist, wenn sie in ihrem Körbchen liegt, wir alle unten im Erdgeschoss in der Nähe sind, sie gestreichelt wird und viel zu essen bekommt (was geht, weil sie eher zu dünn ist). Schnuppern findet sie super, der Riechsinn kommt mir noch ausgeprägter vor als er je war, vielleicht, weil die anderen Sinne zurücktreten.

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Meine Hundeliebe Nike und ich.                                                         Foto: Gudrun Petersen

Lina und Bryan sind putzmunter und begrüßen mich und jeden anderen Gast am Tor zum Pferdestall. Sie freuen sich über streichelnde Hände, und Lina sitzt gern neben Fee und mir, wenn ich meinem Pferd ihre Futterschüssel nach der Arbeit hinstelle. Sie wartet darauf, Fees Reste zu vertilgen, auch wenn es nur ein paar Körnchen sind, die auf dem Boden verteilt liegen. Es ist herrlich, sie anzusehen. Es ist herrlich, dass sie dabei sind. Ich liebe meinen alten Hund natürlich wie eh und je. Vielleicht sogar noch etwas mehr, weil ich weiß, sie wird nicht mehr ewig bei uns sein. Aber ich wünschte auch, ich hätte all die wunderschönen Ausritte noch mehr genossen, noch mehr in meinem Inneren gespeichert. Es kommt nicht wieder, nichts.

Es gibt nur JETZT.

Das ist dennoch kein Grund zum Trübsal blasen. Das hilft nämlich einfach niemandem. Doch es ist ein Grund, das was da ist, noch mehr zu begrüßen: Macht es Euch schön, so schön, wie es eben geht! Ich geh dann mal jemanden kuscheln, der es besonders zu schätzen weiß.

Leinsamen-Haferflocken-Torte: Das Rezept

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Dieses Rezept entstand durch einen absoluten Zufall: Sonntags, wenn ich Zeit für so einen Firlefanz habe, koche ich meinem Pferd schon mal Leinsamen. Aber sie mochte ihre Leinsamen nie wirklich, ich musste sie immer in Müsli verstecken, dann ging’s. Müsli bekommt die Stute eigentlich überhaupt nicht, das nutzen wir nur zum Medikamente-Verstecken. Oder eben Leinsamen-Verstecken. Dann kam ich auf die Idee, in die kochenden Leinsamen Haferflocken zu schütten. Das fand Madame schon mal vieeeel schmackhafter! An einem Tag nahm ich die gekochte Leinsamenpampe noch im Topf mit zum Stall. Es war ein kalter Tag. Ich wollte sie in die Futterschüssel ausgießen, doch sie war schon zu sehr ausgekühlt – schütten ging nicht mehr. Also musste ich den Leinsamen-Haferflocken-Klumpatsch aus der Form stürzen. Er ploppte heraus wie einen fest gewordenen Pudding. Und tataaa: Es blieb fest.

Die Konsistenz ist fantastisch, und ich begann zu testen: man kann die Dinger sogar attraktiv stapeln. Eben wie eine richtige Torte! Das Pferd beißt einfach herzhaft herein. Da nichts anderes darin ist als Leinsamen und Haferflocken, plus eine Prise Salz für den der möchte, ist das Ganze wirklich gesund.

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Hier ist mein Rezept:

  • 1 kleine Tasse Leinsamen in 3 Tassen Wasser aufkochen
  • ungefähr 10 – 15 Minuten kochen lassen (Mindestkochzeit 10 Minuten, das ist wichtig, wenn dunkler Leinsamen verwendet wird – nimmt man gelben, ist es egal, da dieser keine Blausäure bildet)
  • wenn es beginnt, einzudicken, Haferflocken einrieseln lassen (nach Gefühl, ungefähr auch 1-2 Tassen)
  • wer mag, fügt eine gute Prise Salz zu
  • falls der Brei zu fest wird, aber die 10 Minuten Mindestkochzeit noch nicht um sind: Wasser nachschütten
  • die Konsistenz ist dann genau richtig, wenn der Brei zäh vom Löffel abreißt. Wenn er noch fließt, ist er zu flüssig.
  • vom Herd nehmen, in ein Gefäß füllen (wer eine Torte machen möchte, nimmt eine kleinere und eine größere Form)
  • über Nacht stehen lassen, morgens stürzen
Und happs, da war es weg. Fotos: Klara Freitag

Und happs, da war es weg. Fotos: Klara Freitag

 

Auf meinem Kuchen lagen zur Deko Apfelschnitze und Möhrenstücke. Die wurden natürlich zu allererst verspeist. Der Kuchen ist übrigens auch eine schöne Geste für Stallkollegen, die ihrem Pferd damit eine Freude machen können! Fee hat es geschmeckt (wie man da unten an dem Schlachtfeld, das sie hinterlassen hat, sehen kann!). Sie hat sich das schön eingeteilt, und erst mal nur eine Etage des Kuchens verspeist.

Die Reste vom Fest.

Die Reste vom Fest.