Die Wut und ich

Negative Gefühle im Sattel auf die Zuschauerbank zu verdammen, ist ein Bild, das mir ganz gut hilft. Und wenn es wiederkommt? Dann einfach wieder an seinen Platz verweisen.

 

Wut im Sattel – darüber will niemand sprechen. Dabei ist dieses Gefühl der kleine Bruder vom Ehrgeiz und deshalb ist er leider öfter im Sattel zu Gast, als uns lieb ist. Wie Du die Wut beim Reiten in den Zuschauerbereich verdammst. 

Alle Fotos: Klara Freitag

 

Da sitzen sehr merkwürdige Zuschauer beim Kurs. Den einen habe ich da vorn auf einen Stuhl gesetzt: die Wut. Zwei weitere kommen von anderen Reitern: der Ehrgeiz und der Frust. Am Kragen gepackt haben wir sie und in den Zuschauerbereich verdammt. Weil sie einfach mitreiten wollten. Uneingeladen. Aber sie sind wie unerzogene Hunde: Kommen immer wieder zu uns und wollen erneut weggeschickt werden.

 

Wut im Sattel

Das ist natürlich nur ein Bild. Ich bin darauf gekommen, als ich nach einer Unterrichtseinheit mit dem Hund spazieren ging, und nachdachte, was ich gegen die Wut tun könnte. Denn die Unterrichtseinheit zuvor ging emotional schief. Weil ich ungeduldig wurde, sauer auf mich und meinen Körper, weil ich doch alles schon im Kopf glasklar hatte, aber nicht so schnell umsetzen konnte. Ich wurde wütend.

 

In mir, wohlgemerkt. Denn ich lasse keine Wut am Pferd aus.

Ich werde nicht unfair.

Das zu erklären ist mir wichtig, denn ich höre schon die Stimmen, die sagen: „Oh weh, das arme Pferd, wenn Du wütend wirst, dann ganz schnell runter vom Pferd!“

 

Wer nörgelt, wird wütend

Wann die Wut kommt, ist bei jedem Reiter anders.

Wütend werde ich so gut wie nie, wenn ich alleine reite. Ich werde wütend, wenn ich zum Beispiel im Unterricht zu viel Input bekomme, nicht mit dem Umsetzen nachkomme und dadurch so ein mit-mir-selbst-Unzufriedenheits-Teufelskreis entsteht.

Ein Platz, der voller Emotionen steckt. Das Bild wurde kurz vor einem Sattlertermin gemacht – Ailena ist breiter geworden, der Sattel wurde geweitet und liegt jetzt wieder im Schwerpunkt.

 

 

Mentaltraining für den Reiter

Wenn ich sie gedanklich nicht los werde, habe ich inzwischen gelernt, sie nicht einfach zu ignorieren. Ich sage das im Unterricht dem Ausbilder. Zum Beispiel so: „Stopp, das ist gerade zu viel Input für mich. Brauche gerade mehr Zeit zum Nachfühlen, zum Umsetzen.“ Denn ich weiß: Wenn ich das nicht ausspreche und in so einer Situation immer mehr Input bekomme, geht’s komplett schief, weil die Wut wächst. Das findet nicht jeder Ausbilder toll, das zu hören. Ist ja auch nicht gerade old school.

 

Alte Schule wäre, einfach nur gnädig zuhören und zu machen. Notfalls still heulend auf dem Pferd sitzen, aber weiter machen, und bloß nicht widersprechen. Für mich ist Stopp sagen ein Weg, aus dem Gefühl rauszufinden. Das ist mir mehr wert, als ein unkomplizierter Schüler zu sein.

 

Emotionslos Reiten

Übrigens sind wir damit bei einem meiner Lieblingsthemen angekommen: Unemotional Reiten. Ohne negative Gefühle reiten, ohne Selbstbewertung des eigenen Reitens währenddessen. („Nach dem Frust ist knapp vor dem Lernerfolg“ – habe ich hier geschrieben, und das ist die gute Nachricht an dem ganzen Thema!).

 

Was Du tun kannst, um die Wut im Sattel los zu werden

Langfristig hilft die Einsicht, dass jedes Gefühl nur ein Gast ist. Dass die nicht zu uns gehören, sondern kommen und gehen, und dass man lernen kann, sie früher wegzuschicken. Bevor sie so groß sind, dass sie das Reiten so sehr beeinflussen. Muss man allerdings üben. Wird aber besser, sukzessive, durchs Üben. Meine Freundin Philippa hat sich das zum Beispiel antrainiert (wie, steht hier). Ich kenne niemanden, der sich beim Reiten so sehr freut wie sie.

 

GELASSEN BLEIBEN BEIM REITen

 

Doch was tun, wenn das im Unterricht passiert? Oder noch ätzender, beim Reitkurs, bei dem auch noch viele zuschauen? Das Bild, die Wut zu packen und aus dem Sattel hinaus in den Zuschauerbereich zu verdammen, finde ich super. Denn man drängelt das Gefühl nicht weg, sondern nimmt es wahr, aber gibt ihm einen Platz außerhalb der Zone, in der es stört.

 

Auf der Stallgasse später sprachen wir noch darüber. Eine Reiterin meinte, so etwas würde vor allem ehrgeizigen Menschen passieren.

Auch wenn man die Wut nicht am Pferd auslässt – das Pferd merkt natürlich genau, dass etwas nicht stimmt.

Ehrgeiz und Wut sind dicke Kumpels

Klingt direkt annehmbarer, zu ehrgeizig zu sein, oder? „Ich bin ein ehrgeiziger Reiter“ klingt besser, als wenn man sich eingestehen muss: „Ich werde wütend im Sattel.“ Es ist ja auch in keiner einzigen Reitweise schick, zuzugeben, man würde wütend. Angst zu haben – dafür gibt es schon viele Bücher, viele Ratgeber, das ist ein häufiges Thema. Selbstkontrolle und Kadavergehorsam gehören konventionell absolut zum guten Ton dazu. In vielen alternativen Lehren steht hingegen die Harmonie so sehr im Fokus. Klar, danach gieren wir ja alle. Da passt so ein Thema wie Wut auch gar nicht rein.

 

Ehrgeiz iM Sattel

Sagt man Wut, dann wird vielleicht als erstes irgendetwas Tierquälerisches assoziiert. Dabei ist das doch Blödsinn. Ein Gefühl ist nicht einfach vom Erdboden verschwunden, nur weil wir es nicht aussprechen.

 

Die Wut und ich – das gibt es manchmal. Bei Euch auch?

 

P.S.: Wie aktuell das Thema Wut unter jungen Reiterinnen ist, wird in diesem Interview mit dem niederländischen Springtrainer Albert Voorn deutlich. Wie ich während eines anderen Kurses mal kurz davor war, das Reiten komplett an den Nagel zu hängen (na, kennt das jemand???) und dann eine Sternstunde erlebte, weil ich doch durchhielt, habe ich HIER aufgeschrieben.

Weiterlesen extern: Im Blog „Penny das Pony“ findet Ihr einen Artikel zum Thema Wut, der den Gedanken „Wut bedeutet einfach: Achtung!“ sehr schön erklärt.

Wie Pferde unsere Worte unterscheiden

 

Wie wahnsinnig schnell Ailena und Chamonix im Kurs mit Lisa Röckener verstanden haben, was wir sagten, hat mich total verblüfft. Ja, ich meine ganz normale Worte – leise und ohne Singsang in der Stimme gesprochen. Bemerkt habe ich das während einer Bodenarbeitsübung, bei der wir die Körpersprache bewusst weglassen sollten. Kleine Sache, irre viel gelernt!

 

Alle Fotos: Klara Freitag

 

Heute gibt’s einen ersten Einblick in unseren Lisa-Röckener-Kurs! Ich will ich Euch eine Klitzekleinigkeit erzählen, die mich wahnsinnig beschäftigt hat. Es ist eigentlich nur einen Satz:

Pferde verstehen unsere Worte.

 

Mich hat das nämlich sehr verblüfft. Ich dachte nämlich immer, dass sie ein Kommando prima mit einer Wortmelodie verknüpft lernen. So etwas wie: „Teee-rab!“ , „Neein!“, „A-lleee!“

Basics noch mal neu

Doch ich habe in dem Kurs bei uns mit Lisa Röckener gelernt, dass sie ganz normal und freundlich ausgesprochene Worte sehr schnell zu verstehen lernen. Und das kam so: Vormittags hatten wir eine Horsemanshipeinheit, nachmittags eine Reiteinheit am Halsring (und ja, das wurde dann bei manchen spektakulär, aber dazu ein anderes Mal mehr!). In der Horsemanshipeinheit ging es anfangs um das Führen. Antreten lassen und Stehen bleiben. Basics also, aber etwas anders, als ich das bisher kannte.

 

Rechts Kursleiterin Lisa Röckener, auf Blakkur seht Ihr Philippa, mit der ich die Reitkurse organisiere. Die Isländer waren übrigens die Stars in diesem Kurs – dazu nächstes Mal mehr!

 

Wir sollten anfangs unsere Pferde nicht per Körpersprache, sondern auf das bloße Wort stehen und angehen lassen. „An“ sollte losgehen bedeuten, „Halt“ stehenbleiben. Und kein lautes, deutliches „Haaaaalt!“, sondern ein Halt, in einem Tonfall gesprochen, wie man zu seinem Tischnachbarn sagen würde: „Reich mir mal die Butter bitte“. Freundlich, eher leise.

 

Ohne Nachdruck in der Stimme

That’s it, das ist alles!

Kein Nachdruck, auch nicht, wenn es nicht funktionierte beim ersten Mal. Reagierte das Pferd nicht wie gewünscht, dann kam eine freundliche Warnung, „Naaaa!“, und dann das gleiche Kommando nochmal (nicht energischer ausgesprochen!) aber plus Gertenverstärkung. Tippen oder zeigen mit der Gerte, wohlgemerkt, mehr nicht.

Natürlich bin ich anfangs in die Verstärkungs-Falle getappt. „NA!“ habe ich gesagt und viel lauter als zuvor „HALT“. Gar nicht nötig.

 

Alles, was man braucht ist Konsequenz, was meint: immer gleich reagieren. Nach zwei Einheiten kannte mein Pferd das Wort „An“. So klein sich das anhört, ich fand das unglaublich verblüffend.

 

Weil es nicht in Kombination mit menschlicher Körpersprache geschah.

Weil es nicht mit einem Singsang verknüpft wurde.

Weil es leise und freundlich blieb.

 

Wie viel Verfeinerung geht noch?

Leiser und unaufwendiger als beim Longieren zum Beispiel. Aber vielleicht muss man da auch einfach mal ausprobieren, wie weit man herunterstufen kann. Vielleicht wird dann aus einem „GA-LOPP!“ einfach nur ein „Galopp“.

 

Verblüffend.

Flüstern auf diese Art & Weise ist möglich.

Lisa Röckener umringt von unseren Zuschauern. Schaut unbedingt auf Lisas Instagram-Account vorbei, falls ihr ihn noch nicht kennt! Absolut lohnenswert!

 

>>> MEHR ÜBER LISA RÖCKENER habe ich Euch im Blog HIER und HIER aufgeschrieben. Ihre Instagramseite findet Ihr HIER.

P.S.: Natürlich verstehen die Pferde die Wortbedeutung nicht ohne Konditionierung. Man könnte „Blumentopf“ statt „An“ für das Losgehen sagen, erklärte Lisa im Kurs. Tatsächlich geht eines unserer Pferde jetzt auf das Wort „Hopp!“ los. Welches das wohl ist?

Ruhige Hände bekommen – ein Beispielfall

Wir wollen sie alle: feine, ruhige Hände. Warum manche Anweisungen im Unterricht zu eben dieser nicht führen und was stattdessen hilft, erklärt Ausbilderin Claudia Butry.

 

Ich behaupte: Ganz oben auf der reiterlichen Wunschliste aller Reiter steht „eine feine Hand bekommen.“ Und mindestens die Hälfte der Leute mit diesem Wunsch werden verrückt über die Aufforderung: „Hände ruhiger!“

 

Wir hatten gerade am vergangenen Wochenende ein Reitseminar zu diesem Thema. Wo sich Reiterfehler zeigen, wo die Ursache liegt und wie man das im Sattel löst. Referentin war Claudia Butry, Trainerin A FN, Bewegungslehrerin nach Eckart Meyners und Osteo-Concept Coach. Sie kommt übrigens noch zwei Mal in diesem Jahr zu uns, wann, steht auf der Kursseite des Blogs, HIER.

 

Eine unserer Kursteilnehmerinnen kam genau mit diesem Hände-Thema zu uns. Sie sagte: „Ich möchte ruhigere Hände bekommen, aber keiner kann mir erklären, wie das gehen soll!“

 

Bälle helfen in ein neues Körpergefühl

„Die Anweisung ‚Hände ruhiger‘ verführt viele Reiter dazu, starr mit der Hand zu werden“, erklärt Claudia Butry. „Reiten ist aber ein dynamischer Prozess, im Idealfall bewegen sich Reiter und Pferd harmonisch zusammen.“ In diesem Fall setzte sie nach einer Analyse an Hüftmobilisierung, Balance und Lockern der Oberschenkel an.

Ihr Weg, die Reiterin in ein anderes Bewegungsmuster zu führen, war folgender: die Reiterin sollte zwei orangefarbene Franklinbälle unter die Oberarmen klemmen. Nach einigen Runden damit kamen diese wieder weg und die Reiterin sollte nachfühlen. Dann, in einer anderen Reiteinheit des Kurses, sollte sie mit zwei türkisfarbenen Krater-Bälle zwischen Oberschenkel und Sattel reiten. Danach kamen sie wieder weg, die Reiterin sollte nachfühlen. Dann kam je ein Ball unter einen Sitzbeinhöcker, Schritt, Trab, Galopp, wieder nachfühlen. Dann beide unter die Sitzbeinhöcker. Dann alle Bälle weg.

 

Die Reiterin johlte, während sie mit den Bällen unterwegs war. Weil es sich so seltsam anfühlte, sie lachte und kicherte. Ihre Hände, die sich zuvor viel bewegten, waren jedoch sofort viel ruhiger.

 

Vier Gründe für unruhige Hände

Eine starre Hüfte kann nämlich eine Ursache für unruhige Hände sein. Eine ruhige Reiterhand ist ja keineswegs starr, sie bewegt sich eben passend mit. Was die Ursache für die Unruhe ist, muss von Fall zu Fall angesehen werden. Das kann der zu starre, verspannte Schultergürtel sein, das kann eine krampfige Daumenhaltung sein oder eben der fehlende Muskeltonus im Rumpf oder auch fehlendes Balancegefühl sein.

 

RUHIGE Hände sind ein Nebeneffekt

Durch die Bälle muss sich der Körper neu ausbalancieren und neu organisieren. Wenn der Körper durch diese neuen Reize neue Bewegungsmuster lernt, kann er diese später auch ohne die Hilfsmittel erreichen. Damit sich so ein neues Muster festigt, ist es sinnvoll, drei Wochen lang täglich den Reiz kurz zu setzen, also zum Beispiel für ein paar Minuten im Sattel die Bälle hinzuzunehmen.

 

Klemmt der Oberschenkel, kann das zu Unruhe in der Hand führen

 

Bei dieser Reiterin war die noch zu unflexible Hüfte ein Grund für die zu unruhige Hand. Eine andere Schraube zur feinen Hand waren die Aduktoren, die Klemmer der Oberschenkel,  zu lösen. „Stell’ Dir mal vor, Du wärst ein Frosch, der auf einem großen Gymnastikball sitzt“ sagte die Ausbilderin. Das Bild hilft, die Knie nach außen zu öffnen, wodurch die Reiterin eine Idee bekommt, wie sie die Oberschenkeladuktoren selbst lösen kann. Das Klemmen verhindert nämlich den Bewegungsfluss nach oben und unten. Und schwupps, floss die Bewegung besser durch den Körper der Reiterin. „Über das Klemmen der Aduktoren der Oberschenkel wird die Hüfte starr, dadurch wurde die Bewegung in die Arme übertragen.“ Das Gleichgewicht war zudem ein wichtiges Thema in diesem Fall, auch Übungen für das Gleichgewicht halfen, die Hand feiner zu machen.

 

 

Das Pferd zeigt sofort: So ist es besser!

Das Pferd reagierte übrigens sofort auf jede dieser Übungen. Es bewegte sich flüssiger, taktreiner und suchte schöner als zuvor die Anlehnung.

 

 

„Es ist bei den Pferden eigentlich schon alles da“, sagte Claudia Butry, „man muss es nur selbst lernen!“ 

 

 

Genau das traf auf diesem Seminarwochenende auf so viele Reiter-Pferd-Paare zu. Sobald ein Sitzproblem ansatzweise behoben war, zeigten sich die Pferde viel beser.

 

So löste Claudia Butry zum Beispiel mit ein paar Turnübungen das ISG-Gelenk einer anderen Reiterin. Sofort sah das Paar ganz anders aus. Dieses Gelenk, auch Kreuz-Darmbein-Gelenk genannt, verbindet die Beckenschaufeln mit dem unteren Teil der Wirbelsäule, dem Kreuzbein. Nach der Übung erschienen die Beine der Reiterin länger, ihr Sitz erschien eingestöpselter, sie saß viel mehr im Pferd als nur darauf.

 

Ganz klarer Fall also: Wer sich um seinen Sitz kümmert, tut etwas für sein Pferd, für jede Lektion und gleichzeitig fühlt sich alles viel besser an und schaut auch noch besser aus. Manche Reitersitz-Themen bleiben aber auch jahrelang. Doch jedes kleine Puzzlesteinchen hilft. Dranbleiben, keine Angst vor Fehlern haben und sich Schritt für Schritt immer mehr verbessern – das verbessert letztlich auch das Pferd an sich.

 

>>> Tipp: Claudia Butrys eigene Homepage heisst www.neuesreiten.de .Übungen mit Franklinbällen gibt es jede Menge in den pferdia-Online-Videos! Auch Eckart Meyners und Anja Beran, die beiden Ausbilder, die Claudia Butry prägen, sind in vielen unserer Filme zu sehen.

Was der Reitersitz mit der Eitelkeit zu tun hat

Weshalb der Reitersitz auch nach Jahren im Sattel immer noch der zentrale Punkt ist, um etwas zu verbessern. Und wo gutes Reiten anfängt, und bei welchen Zielvorstellungen es aufhört. 

Gilt einfach. Heute, morgen, übermorgen!  #betterhorsesport gilt für Pferdefreunde jeden Tag!

 

„Gutes Reiten ist der beste Tierschutz.“ Diesen Satz habe ich letzte Woche auf der facebookseite meines Blogs gepostet. Einer der Sprüche, mit denen ich donnerstags auf die #betterhorsesport-Aktion aufmerksam mache. Darunter stand: „… und deshalb sollte sich jeder, Ritt für Ritt, darum bemühen.“

Stellschraube Reitersitz

Diesmal folgte auf den Spruch eine Diskussion auf facebook, warum der Reitersitz das Essentielle sein muss, warum er gutes Reiten erst möglich macht (vor allem in der Gruppe ‚Dressurpassion‘). Vielmehr war es ein allgemeines Nicken, eine Mahnung, ein Aufruf, sich darum zu kümmern, weil der Baustein Sitz einfach Auswirkungen auf das gesamte Reiten hat. Und das ein Reiterleben lang, so dass man an dieser Stellschraube immer wieder drehen kann.

 

Dabei schoss mir durch den Kopf: „Was meint denn dieser Wille zu gutem Reiten überhaupt?“ Jeder will ja gut und besser Reiten, kein Mensch entscheidet sich freiwillig dafür, beschissen auf dem Pferd zu sitzen.

 

Vielleicht reiten manche rücksichtslos dem Pferd gegenüber, ja. Gedankenlos auch. Blind, den eigenen Baustellen gegenüber. Nach Jahren im Sattel noch mal an die ganz essentiellen Dinge heranzugehen wie zum Beispiel „Technik des Leichttrabens“ verlangt schon echte Bereitschaft, vermeintlich Selbstverständliches zu hinterfragen. Aber dass im Allgemeinen willentlich schlecht geritten wird, nach dem Motto ‚hauptsache der Gaul läuft irgendwie‘ – das glaube ich nicht.

 

Also: Was meint „gut Reiten wollen“ denn bitteschön? Für jeden, daheim?

 

 

Meine Antwort lautet: Immer besser werden wollen. Sich nicht zu früh zufrieden geben. Sich nie zufrieden geben.

——————————————————————————————-

>>> Du möchtest etwas für Deinen Reitersitz tun? Dann empfehle ich Dir, an unserem Webinar am 2.März teilzunehmen! Ausbilderin Claudia Butry entschlüsselt, welche Sitzfehler wo im Körper tatsächlich begründet sind und sie verrät, was Ihr daheim für einen besseren Sitz tun könnt. 90 Minuten, 15 Euro. Anmeldung per E-Mail: mail (ät) rosinenundschswarzbrot.de Mehr über Claudia liest Du hier: KURSE.

————————————————————————————————

 

Noch mehr Qualität

Aber nicht in höher-weiter-Kategorien, sondern in qualitativen Ansprüchen: noch harmonischer reiten, noch mehr mitgehen können, noch genauer die eigenen Schultern, Hüften, Extremitäten unter Kontrolle haben, eine noch ruhigere Hand bekommen.

 

Das eigene Tun immer wieder hinterfragen. Nicht so sehr, dass sich alle Regeln und Standarte auflösen, denn dann bleibt nur noch Wabern.

 

Aber immer wieder mal zurücktreten und nachdenken, was man da tut.

 

Vor dem Pferd bestehen

Dem Pferd ins Auge schauen können. Und nicht der beruhigenden Wirkung von Likes, Bandenzuschauern, bewundernden Blicken, Turniernoten oder Publikum vertrauen.

 

Letztlich ist es nämlich nur das: Du und Dein Pferd. Kannst Du vor ihm bestehen? Vor Dir selbst?

 

Dann ist der Weg gut.

Likes & Applaus und die liebe Eitelkeit

Wenn dann am Rande dieses Weges Likes, gute Noten und Applaus vorbeiziehen, dann ist das schön und sicher etwas, das man genießen kann. Doch das zum alleinigen Ziel zu machen, kann einen vom Ziel, immer besser zu reiten, und damit auch immer pferdefreundlicher, abbringen. Hat was mit Eitelkeit zu tun. Und mit vermeintlichen Abkürzungen, die dann letztlich doch Umwege sind.

 

Wie Loben meine Pferde (und Eure auch) stolzer & ehrgeiziger macht

Ponys machen glücklich. Sie zu loben auch. Für Euch erprobt. Foto: Klara Freitag

 

Ich habe eine Neuentdeckung auf Instagram gemacht: Die Ausbilderin Julia Mestern ist da recht neu dabei. Sie ist als (wagemutige) Vielseitigkeitsreiterin bekannt, und bildet seit vielen Jahren Pferde in Dressur wie Vielseitigkeit aus. Ein Instagram-Post aus der letzten Zeit traf mich voll, denn ich bemerkte: Kenne ich. Könnte ich selbst besser machen. Ich glaube, das geht vielen Reitern so, deshalb muss ich es unbedingt aufschreiben! Es geht um’s Loben, und warum man das im Sattel weniger tut als an der Hand.

 

Es war nur ein Halbsatz über die Arbeit an der Hand und ein Pferd, das es noch nicht so gut fand, mit der Gerte an den Hinterbeinen touchiert zu werden. Julia schrieb: „Da liegt Arbeit und viele Leckerlis vor uns!“

 

Das war das erste „Aha, kenne ich!“, und dann ging es noch mal um das Loben, in einem anderen Post. Wie oft und wann man lobt. Dass die Pferde stolz werden an der Hand und ehrgeizig.

 

Loben macht ehrgeizig

Das kenne ich – und zwar ist es bei mir an der Hand stärker so als unter dem Sattel. An der Hand werden sie wahnsinnig ehrgeizig und lernen super schnell. Übertreten, anhalten, Hinterbeine ranholen im Stand, Schulterherein, Travers – sitzt mittlerweile ganz ordentlich. Sie wollen und sind stolz auf sich, das ist für mich das Wichtigste daran! Es ist nämlich wahnsinnig schön, das zu sehen, wie aus einem unsicheren Pferdchen ein stolzes wird.

 

Weshalb ist das so vor allem an der Hand? Ich glaube, dieser Ehrgeiz entwickelt sich, weil ich an der Hand viel und auch überschwänglich lobe. Ich mache kleinste Schrittchen, gebe mich mit Ansätzen zufrieden und mache viele Pausen.

Ist zwar kein Kopf drauf, ist aber Ailena! Foto: Klara Freitag

Im Sattel kann ich mich jetzt nicht beschweren, dass die Damen keine Lust hätten, aber dieser „Wow, was willst Du? Hey, mach ich Dir!“-Ehrgeiz, den haben wir nicht ständig und immer.

 

Ich glaube, das liegt am Loben. Ich bin am Boden viel objektiver und kann schneller bewerten, also Rückmeldung geben mit Stimme und Leckerli. Auch, weil mein eigener Körper mir da nicht im Weg ist. Im Sattel denke ich oft: „Mmmmhh, das war noch nicht so toll, lieber noch mal so und so und so.“ Dieses ganz kleinschrittige Loben mit viel Pausen dazwischen, das verpasse ich durch diesen inneren Kritiker ab und an.

 

Das geht glaube ich vielen Reitern so. Mal schnell mit der Hand an den Widerrist klatschen als Lob – ja, das war es dann aber auch oft schon.Dabei ist es so einfach eigentlich, sich wahrlich zu freuen, auch über kleine Schritte. Man muss sich selbst bloß dazu erziehen, das auch zu tun.

 

Genau beobachten, ohne Emotion, möglichst objektiv

Deshalb habe ich mir Julia Mesterns Instagram-Post gemerkt und versuche jetzt jedes Mal im Sattel auch daran zu denken: Pausen haben noch niemandem geschadet. Im Gegenteil, dadurch geht es schneller voran! Man muss nur dran denken, und das ist bekanntlich nicht so einfach! Schön unemotional reiten, damit man eben genau beobachtet, statt sich selbst zu kritisieren und so die guten Momente zu verpassen.

 

 

Filme zum Thema Motivation & Lob

Übrigens findet Ihr auch bei den pferdia-Ausbildern natürlich viel Input zum Thema Lob. Nina Steigerwald nutzt das zum Clickern, Britta Schöffmann erklärt in diesem Film genau, wie Pferde lernen, und was das mit Lob zu tun hat, Uta Gräf und Stefan Schneider sind darin genauso gut wie Bea Borelle und Philippe Karl. Alles Menschen, die wissen, wie man Pferde motiviert. Eigentlich könnte ich unsere gesamten Ausbilder hier aufzählen – Anja BeranIngrid KlimkePeter Kreinberg – sie alle machen das und es ist Teil ihres großen Erfolgs.

 

Viel Freude dabei – und beim Loben, von wo aus auch immer!