Weshalb das Kind kein Shetty bekommt

Young Love ❤️

Der kleine Onkel ist wunderbar. Er geht fein als Handpferd in den Wald. Er lässt sich auf Halfter und ohne Sattel von der Weide zum Stall reiten. Er springt gerne und gut. Er hebt die Füße so engagiert beim Stangentraben hoch, dass man sieht, was für einen Ehrgeiz er hat.

 

Der kleine Onkel ist eine Autorität. Der mit einem unglaublichen Move seine ganze Wallachherde kontrolliert, in der auch Großpferde und leichte Kaltblüter wohnen. Der 1-Meter-zehn-Zwerg schmeißt, wenn ihm danach ist, alle aus dem gemeinsame Offenstall heraus, ohne auch nur einen Fuß heben zu müssen. Dafür rennt er rückwärts den anderen entgegen, die Kruppe dabei heraus gerichtet, so dass sie genau auf die anderen Pferde zeigt. Die stürzen dann rückwärts, solch einen Eindruck macht der Zwerg.

 

Der kleine Onkel funktioniert wunderbar, so lange er genau weiß, was okay ist und was nicht. Das Kind lernte, dieses kleine Pony zu „führen wie einen Hengst“: Gerte in die rechte Hand, so dass jedes Schnabbeln sofort mit einem Gertenstupser auf die Nase geahndet wurde. Sich nicht abdrängeln lassen. Ran an den Speck, keinen Meter ausweichen, sondern ihn in die Schranken weisen.

 

Mit Fee und kleiner Onkel unterwegs.

Mit Fee und kleiner Onkel unterwegs. Foto: Klara Freitag

 

Onkel lernte, beim Reiten das Führpferd nicht zu überholen – wobei überholen bedeutet, dass er seinen Kopf nicht auf Höhe des Führpferdes nehmen darf, sondern schön auf Schulterhöhe bleiben soll. Diese Erziehung übernahm meine Stute. Wurde sehr streng geahndet, ihre Ohren fliegen zurück und das Maul kräuselt sich, wenn er in ihren Kopfbereich vordrängelt.

Mit dieser Gebrauchsanweisung behandelt, ist der kleine Onkel das perfekte Pony. Das Kind und er springen Minihindernisse oder reiten zum Waldspielplatz. Unsinn machen wie die Weide hochreiten geht manchmal auch. Und trotzdem heißt es bei uns: die Ponygröße Shetty wird übersprungen. Das wird nicht gekauft, das wird nur geliehen.

 

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Kleiner Onkel hat einen Hauptjob als Therapiepony. Nebenbei sind wir dann ab und an ein Team. Foto: Klara Freitag

 

Obwohl ich zugeben muss, dass mir unser Pflegepony mindestens genauso viel Spaß macht wie dem Kind. Er ist so klug, alles, was einmal installiert ist, sitzt. Er begreift auf Anhieb und ist total lernbegierig.

Warum ich so einen Zwerg nicht haben möchte? Zum einen, weil Kinder aus diesen 1-Meter-Ponies schnell herauswachsen. Weil Shetties richtig gut beschäftigt werden müssen, und keineswegs mit ein bisschen Kinderreiten ausgelastet sind. Ponysulky fahren und Arbeit an der Hand sind toll, kann jeder Erwachsene machen – aber auf so einen Zwerg kann man sich als Elternteil niemals zum Korrekturreiten draufsetzen.

Der vielleicht wichtigste Grund aber ist: Dieses Warten auf ein Pony ist eine selbst herbeigeführte Schwierigkeit. Ich möchte, dass sich das Kind so richtig anstrengen muss, um ein Pony zu bekommen. Es soll das von Anfang an Wert schätzen.

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So schön da. Das sind allerdings keine Pferdeweiden – ist mit Stacheldraht eingezäunt, wie man mit Adlerauge sehen kann. Wir haben das nur als Fotokulisse genutzt, danke, Herr und Frau Nachbar! Foto: Klara Freitag

 

Natürlich würde ich am liebsten alles sofort anschaffen. Weil ich da selbst so einen Spaß dran habe. Mein Kind ist schließlich das Kind einer reitenden Mutter. Die sich wie Bolle freut, dass es reiten super findet, und die am allerliebsten natürlich die Pferdewelt auf einem Teppich für das Kind ausbreiten würde. Nur: alles mundgerecht vorbereitet ist zu einfach. Ich bin mir sicher, dass, wenn ich das ausleben würde, das Kind nicht zu schätzen wüsste, was es da bekommt. Also haben wir eine Bedingung eingeführt, die für unser Kind ganz schön kniffelig ist: Seine drei Kaninchen muss es alleine versorgen können. Füttern und Misten. Und zwar ohne dass ich es daran erinnern muss. Eingefallen ist mir diese Regel nach ihrem ersten Hofturnier. Füttern klappt. Misten vergisst das Kind oft. Darüber ärgert es sich dann selbst, wenn es den Kalender ansieht, auf dem es eintragen soll, was es für die Kaninchen getan hat, und beim Punkt Misten nicht sein Name steht.

 

Letztens aber, im strömenden Regen, da musste das UNBEDINGT JETZT gemacht werden. Fand das Kind. So ging ich seelig grinsend mit Kind und Schubkarre im platschenden Regen den Weg zum Misthaufen herunter. Die Hosen klebten irgendwann vollgesogen an den Oberschenkeln. Ich bin selten so gern durch Pfützen gestiefelt. Es gefiel mir, dass es dem Kind wurscht war, wie nass es wurde. Es war ihm auch wurscht, dass es auch noch beim Nachbarn Stroh holen musste im Regen, von seinem Taschengeld. Es war gut gelaunt und emsig. Und ich dachte innerlich so: YEAH! So soll das. Das Kind hat danach sehr stolz und ordentlich seine Kalendernotiz gemacht. Und ich rieb mir gedanklich die Hände, weil dann endlich, endlich bald die Familie auf ein Pony mehr heranwächst.

 

Das sind dann so Momente, die wohl nur ebenso pferdeverrückte Menschen nachvollziehen können.

 

2 Kommentare

  1. Ich weiß absolut, was Du meinst!
    Nicht selten höre ich reitende Mütter mehr oder weniger frustriert sagen, daß sie sich als Kind so gerne Unterstützung der Eltern herbeigesehnt haben – und jetzt, wo sie sich bemühten, den eigenen Kindern möglichst alles rund ums Pferd zu bieten, werde dies garnicht richtig gewürdigt.
    Auch die Aspekte, kein so kleines Pferdchen anschaffen zu wollen, klingt vertraut.
    Ich wünsche Dir allerdings jetzt schon viel Geduld und noch viel mehr Glück, denn davon wirst Du auf der Suche nach einem Kinderpony nie genug haben, glaub mir!

  2. Hallo Jan, danke! Es stimmt, Kinderponys, wirklich gute, sind rar und kostbar!