Was ich als Fachjournalistin für Pferde so tue

Heute gibt’s ein Wunschkonzert. So einige Leser haben sich nämlich immer wieder gewünscht, mehr über meine Arbeit als Pferdefachjournalistin zu hören. Was tue ich also jede Woche? Ja, was denn? Alles so selbstverständlich für mich, ich musste kurz drüber nachdenken. Hier sind ein paar Schnappschüsse der vergangenen Tage für Euch. Das sind absolut typische Momente in meinem Beruf:

1.Telefonieren mit Ausbildern, die Auto fahren

Freitagvormittag Karfreitag: Telefonat mit einer Ausbilderin, die zu dem Zeitpunkt im Auto sitzt und in den Osterurlaub fährt. Das ist ganz typisch, dass ich mit Reitern und Ausbildern telefoniere, wenn die gerade im LKW oder Auto sitzen: Dann ist nämlich Zeit. Und davon haben die auch wenig.

2. Über Wiesen und Weidepflege sprechen

Ein Text übers Mähen und Mulchen soll gedruckt werden. Ich muss schnell noch klären, ob die Zitate, die ich von einem Hochschulprofessor und einem Mann von der Berufsgenossenschaft darin verwendet habe, für sie okay sind. Ich schreibe bei Interviews mit, fließend, am Laptop, habe Interviews also wortwörtlich abgespeichert. Dennoch soll es manchmal dann doch anders gedruckt da stehen. Ich freue mich, wenn ich so viel gesprochene Sprache wie möglich im Text stehen lassen kann. Mein Autorenherz blutet nämlich, wenn jemand eine gestelzte Beamtensprache lesen will. Ist nämlich genauso langweilig, wie sich dieses Wort anhört. Ist in diesem Fall zum Glück nicht passiert!

3. Termine in Reithallen, zum Telefonieren, zum Planen machen

Mails, Mails, Mails: Ein großer Teil meiner Zeit geht für Organisationsdinge drauf. Bedeutet: Absprachen wegen Außenterminen, wegen neuen Aufträgen, wegen Kollegenhilfen, wegen Bildern, die für Artikel noch gebraucht werden, wegen Rechnungen, die ich raussende oder die ich abspeichere und zahle,  Mails an Redaktionssektretärinnen, mit der Bitte, Zeitschriften an frühere Interviewpartner zu senden, die sich selbst natürlich auch im Heft lesen wollen. Mails an neue Interviewpartner zu Terminabsprachen. In der letzten Woche zum Beispiel zum Gestüt Blue Horse. Auf Englisch, so wird auch das Interview sein, finde ich schön, freue ich mich drauf.

4. Interviews in Neuseeland, England, Deutschland natürlich

Die Gespräche mit so vielen Pferdeausbildern und Pferdekennern sind mit das Allerbeste an meinem Beruf. Ich darf so viel immer wieder lernen! Allerdings stellen sich viele das falsch vor, wie das genau passiert. Letztens fragte mich eine Interviewpartnerin: „Kommen Sie dann auf einen Kaffee zum Interview vorbei?“. Leider nein, so gemütlich ist es selten. Persönlich vorbei schaue ich nur, wenn es sich um wirklich große Geschichten handelt. Wenn es um Themen geht, bei denen viele Leute zu Wort kommen, muss ich auf das miteinander Sprechen ohne sich zu sehen setzen. Sonst wäre ich eine Woche mindestens unterwegs, wenn ich alle Ausbilder vor Ort abklappern würde, und das zahlt heute kein Mensch mehr.  Inzwischen sind es so zu 70 Prozent Telefoninterviews, 20 Prozent Vor-Ort-Termine und 10 Prozent WhatsApp-Videoanrufe oder Facebook-Chats. Verrückt, oder? Letzte Woche habe ich so eine Videokonferenz mit Ausbildern in Neuseeland gehabt. Durch den Zeitunterschied waren sie schon ziemlich k.o. vom Tag und ich erst gerade wach. Verrückt, aber toll, dass das möglich ist!

5. Recherche und Pferdemenschen entdecken

Welcher Experte könnte zu diesem Thema etwas sagen? Welche Mischung an Experten passt, wie kann man ein Thema von möglichst vielen Seiten umkreisen? Manchmal geht sowas zu finden und zu entscheiden ganz schnell, ein, zwei Mails und Telefonate und ich finde jemanden, der gut passt, sowie Lust und Zeit hat auf ein Interview. Und manchmal zieht es sich – wir verpassen uns am Telefon, der nächste freie Telefontermin ist Wochen entfernt, die Menschen wollen dann doch nicht öffenltich erzählen, was ihnen im persönlichen Gespräch zuvor immens wichtig erschien, mitzuteilen. Meine absolute Stärke ist es, dass ich nach so vielen Jahren der Spezialisierung mittlerweile einen sehr guten Einblick und Überblick habe. Ich kann ganz gut einschätzen, wer interessant ist, wer so gut arbeitet, dass es für viele bereichernd ist und von wem wir noch hören werden. Und ich finde es immer noch und immer wieder spannend, neue Pferdemenschen kennenzulernen!

Linda Tellington-Jones (in der Mitte), Philippa (mit der ich die Kurse organisiere) und ich.

6. Die besten Momente als Pferdefachjournalistin

Es gibt zwei Arten von besten Momenten: Die, in denen ich Ausbilder so arbeiten sehe, dass ich denke: „JAAAA! Genau so, genau das, JAAAA!“ oder aber: „Spannend, noch nie so gesehen, gedacht, gemacht, da muss ich mehr darüber wissen.“ Und genau das Gleiche passiert manchmal in Interviews. Pure Dankbarkeit, diesen Austausch gerade zu haben. Wie letztens mit Linda Tellington-Jones. Als Journalist darf man nicht verehren. Man darf beobachten, einsortieren, erklären. Jedes Fan sein erstickt die Profession. Aber jeder Journalist ist auch ein Mensch. Und in Momenten, wie dem Interview mit Linda, wo sie mein Menschsein so sehr berührt hat, da erlaube ich mir, meine Rolle zu verlassen. Weil Leben und Leben begreifen wichtiger ist.

7. Schreiben – was ich liebe und was ich hasse

Ich schreibe auf zwei Arten – einmal fern jedes Internets, entweder im Café oder im Wald oder mit einem Internetblocker auf dem Laptop. Denn nichts zerstört einen Text schneller, als Zerstreuung. Zugleich wünsche ich mir nichts mehr herbei, wenn es mal nicht einfach fließt, das Schreiben. Also bin ich ziemlich streng mit mir selbst und führe mich nicht in Versuchung. So entstehen die größeren Texte, die Muße brauchen. Die kleineren Texte und alles, was im zweiten Schritt nach dem Aufschreiben überarbeitet wird, mache ich flott und egal wo. Am Schreibtisch, im Auto (während ich auf das Kind warte, das voltigiert, zum Beispiel), abends, früh morgens. Dann, wenn Telefon und Mailbox schweigen, am liebsten. Mein allerbester Motivator ist Zeitdruck. Ich bin unfassbar effektiv, wenn ich eine Deadline näherkommen sehe! Zuvor ist nämlich Perfektionismus das, was mich davon abhält, wirklich ein Häkchen an etwas zu machen. Es geht immer noch ein bisschen besser. Immer. Bis, ja bis die Deadline dann da ist!

Lesen könnt Ihr momentan übrigens Texte von mir bei wehorse, in der Cavallo, in der Reiter Revue international, im Züchterforum und im Pferdebetrieb.

 

4 Kommentare

  1. Hallo Kristine, sehr gerne, danke, dass Du es gelesen hast UND einen Kommentar hinterlässt, freut mich! Viele Grüße von Jeannette

  2. Echt Interessanter Einblick! Deadline vs Perfektionismus kenne ich aus meinem Job auch . 😉

  3. Danke Astrid! Scheint ein verbreiteter Kampf zu sein ;o))