Kleine Warnung vorab: Ich muss mich gerade mal auskotzen. Lässt sich bei dem Titel ja leicht erahnen, hust. Das Lernen im Sattel ist eben kein Kinderspiel. Dennoch gibt es neben meinem Gejammer hilfreiche Hinweise von klugen Ausbildern auf dieser Seite zu sehen. Weiter hinten im Text, nachdem ich aufhöre, mich darüber zu ärgern, was ich alles immer wieder neu im Sattel lernen muss.
Luftholen, ausatmen. Keep calm and carry on. Auch diesmal.
Und alles zurück auf Anfang!
Ich weiß nicht, wie oft ich das reiterlich gedacht habe. Tatsächlich ist es diese Woche wieder passiert. Meine Sattelanpasserin war da. Vor drei Wochen hat sie mir meinen geliebten Dressursattel auf das Reitpony angepasst. Ich bin in der Zeit danach viel geritten, und nach nur 21 Tagen hatte sich die Polsterung des Sattels deutlich gesetzt. Also ein Korrekturtermin. Gleichzeitig hatte ich das Gefühl, nach rechts gesetzt zu werden. Pony schief oder ich schief, war nun die Frage. Wir analysierten und guckten und die Sattelanpasserin, die gleichzeitig Osteopathin für Pferde ist (und gut! HIER ist ihre Homepage), schaute nach. Dreimal dürft ihr raten. Ich war’s schuld. Nun könnte ich jetzt direkt mehrere Adressen für den Pferde-Chiropraktiker oder für Pferde-Osteos raushauen. Aber ich brauche einen. Und seltsamerweise habe ich weniger Ahnung von guten Menschen-Heilern als von Pferdeheilberufen. Kennt Ihr wahrscheinlich. So sind wir, wir Reiter.
Niemals werden wir diese Stelle hier überwinden
Das ist ja jetzt eigentlich keine absolute Horror-Nachricht, aber ich finde es dennoch meeeega frustierend. Es gibt immer Phasen, da fluppt es, und Phasen, in denen ich den Eindruck habe: Niemals kommen wir hier von der Stelle.
Von der Phase: „Oh, es wird!“, als der Sattel neu angepasst war, und ich recht viel geritten bin, ging es nun wieder hin zur Phase „Oh, das wird nie was!“ Einfach, weil ich schon wieder nicht ideal sitze. Frustrierend. Ist ja nicht so, als ob ich nie was an meinem Sitz oder meiner Schiefe getan hätte. Im Gegenteil, ich würde jeden Wettstreit aufnehmen, wer im letzten Jahr die meisten Sitzeinheiten genommen hat. (Ihr merkt, es fehlt an GEDULD und OHMMM!)
Auch die Profis kennen Ähnliches
Aufbauend finde ich es aber, dass solche Phasen einfach alle Reiter kennen. Gestern habe ich ein Interview mit Dressurausbilderin Uta Gräf (HIER ist ihre Homepage) geführt, die etwas Ähnliches erzählte, allerdings nicht über ihren Sitz, sondern über die Jungpferdeausbildung. Es gäbe bei Jungpferden immer Tage, wo sie denke: „Das könnte etwas werden!“ und Tage, wo es wirke, als ob das Ziel unendlich weit entfernt sei.
Gib‘ mir einen Eimer voll Geduld
Alles also ganz normal! Nur fühlt sich das in der Situation, im Tal, richtig doof an. Da hilft nur: Weitermachen. Aber nicht kopflos, sondern sich selbst auch die Zeit oder Behandlung geben, die es braucht (Osteo in meinem Fall, und eben immer wieder Unterricht und Druck aus dem Kopf rausnehmen). Genauso dem Pferd Phasen zugestehen, wo etwas anderes als Platzarbeit im Fokus steht. Gelände, Wassertreten, Bodenarbeit, Wiese pur, auch mal wochenlang, wenn die jungen Pferde wachsen.
Der alte, neue Gast in meinem Leben
Weil ich ja gerade wieder das unglaublich beliebte Thema eigene Schiefe zu Gast in meinem Leben habe, habe ich mal gestöbert in meinen Artikeln. Ist ja nicht so, als ob ich mich damit nicht schon mehrfach gründlich beschäftigt hätte. (Merkt ihr, wie ich es liebe? Ich würde es gern mit großem Schwung aus meinem Haus kehren!) Ich habe HIER schon von Elaine Butlers Ansätzen geschrieben, und HIER über den Reitsimulator inklusive Sitzschulung. Außerdem gibt’s bei uns reichlich Kurse, das ganze Jahr über.
Nach dem Frust ist knapp vor dem Lernerfolg
Einen spannenden Absatz habe ich noch in einem Text von mir gefunden, der in einem Printmagazin erschien. Da geht es nämlich darum, warum wir unsere eigene Schiefe oft nicht bemerken. Hier ist er, der könnte auch für Euch spannend sein:
Was Balance mit dem Gehirn zu tun hat
Jeder Reiter kennt das: Wenn sich Bewegungsmuster eingeprägt haben, nehmen wir auch falsche Muster als korrekt wahr. Deshalb ist es so wichtig, von unten jemanden schauen zu lassen. Gerade bei Sitzkorrekturen – selbst wenn der Reiter weiß: „ich setze mich stets nach rechts, also muss ich links mehr belasten“ ist es gut möglich, dass sein Gefühl ihn bei der Korrektur trügt. Wenn er zum Beispiel das Gefühl hat, dass er gleich links herunterrutschen wird, so sehr bemüht er sich, den eigenen Fehler zu korrigieren, es sein, dass er tatsächlich endlich gerade sitzt. Ausbilderin Sibylle Wiemer, HIER ist ihre Homepage erklärt, dass allein die Wahrnehmung der Körperhälften im Gehirn eine Herausforderung ist. „Die Gehirnhälften arbeiten unterschiedlich. Die linke Gehirnhälfte funktioniert analytisch. Schätzt der Reiter ab, wie viel er in der linken Hand hat, dann gibt die linke Gehirnhälfte die Info „so 800 Gramm“, die rechte Gehirnhälfte jedoch funktioniert emotional, intuitiv und zeitlos, daher käme eine weniger konkrete Info von ihr über die rechte Hand zurück: „Och, das fühlt sich ganz flüffig an.’“ Über die Körpermitte hinweg vernetzten sich die beiden Körperhälften, erklärt Sibylle Wiemer. Diese Informationsverarbeitung zu verbessern und die eigene Schiefe weg zu trainieren, das ist Ziel von Übungen des Mobilisierens, Kräftigens und Dehnens.
Balance lehren und lernen
Ich werde also noch flott zum Osteopathen eilen, und dann kommt auch schon in zehn Tagen Claudia Butry zu uns nach Hause, um einen Dressur- und Sitzkurs zu geben. Das war sowieso schon lange geplant, das könnt Ihr HIER auf der Kursseite des Blogs sehen. Denn: Wir sind es dem Pferd schuldig, uns als Reiter zu verbessern. „Gleichgewicht ist elementar, beim Reiter wie beim Pferd. Doch da der Reiter etwas vom Pferd möchte, ist er angehalten, dafür etwas zu tun!“ – das sind Worte der Ausbilderin Claudia Butry, HIER ist ihre Homepage, und ja, ich schreibe die nicht nur hier hin, sondern ich versuche das im Kleinen, bei mir zuhause, auch umzusetzen.
Wir sind es dem Pferd schuldig
Bei allem Frust über die Schiefe gibt es auch noch Positives. Claudia Butry sagt: „Die gute Nachricht lautet: man muss nicht mit einem schlechten Gleichgewicht leben, es ist machbar, das eigene Gleichgewicht zu verbessern.“ Das geht mit Pferd und ohne. Einfache Übungen sind zum Beispiel: öfter mal im Trab im leichten Sitz reiten. Beim Zähneputzen auf ein Bein stellen. Die cross-koordinativen Fähigkeiten verbessert man durch Übungen wie: Im Sitzen Beine nach rechts, Arme nach links bewegen, im Stand rechten Ellbogen zum linken Knie und umgekehrt führen. Wer mehr tun möchte, greift zu Hilfsmitteln wie Rollbrettern, Balancekissen, Peziball und Bewegungsstühlen. Ich habe den Ball und ein Balancekissen übrigens im Büro. Heißt nicht, dass ich es wie Claudia schaffen würde, freihändig auf dem Ball zu knien und dabei auch noch zwei Schwungstäbe dabei zu bedienen.
Kein Boden unter den Füßen
Aber schon mal die Unterlage wechseln und das Sitzen auf dem Ball zu üben, ohne dass die Füße den Boden berühren, das bekomme selbst ich als Schreibtischmensch hin. Auch wenn ich darin bestimmt kein Überflieger bin.
Und ihr so? Habt ihr irgendwas tatsächlich in euren Alltag eingebaut, dass Eure Beweglichkeit und Balancefähigkeit verbessert?