Ich kenne viele Menschen, die gut über ihr Pferd sprechen. Ach was, die davon schwärmen, denen man die Verliebtheit in jedem Satz anmerkt. Aber ich glaube, ich kenne niemanden, der das so unendlich dankbar und groß ausmalt wie Hermi Schipflinger.
Wenn sie von Remolino spricht, dann ist da so viel Ehre für das Pferd, so viel Innigkeit, dass es mich jedes Mal verzückt. Die beiden sind ein besonderes Paar. Sie sind im Adventskalender für Pferdemenschen zu sehen, und waren bei der Abstimmung zum Titelbild Zweite. Kurzerhand habe ich dann dieses Motiv für den ersten Dezember ausgesucht. So sah es als Titelentwurf aus:
Eine innige Bindung
Auf jedem Bild von diesem Schimmel und dieser Frau ist Verbundenheit zu spüren. Die immer da war, aber doch stark erkämpft wurde von Hermi. Wie das sich entwickelte, werdet Ihr in den nächsten Zeilen erfahren. Lasst mich kurz eines vorweg nehmen: Remolino ist in diesem Jahr gestorben. Ich kenne die beiden aus der Ferne seit einigen Jahren, und insgeheim habe ich mich immer gefragt, wie wohl Hermi ohne Remolino jemals auskommen soll. Ihr werdet bald verstehen, warum ich das so unvorstellbar fand.
Hermi ist eine starke Persönlichkeit. Sie hat einen jungen Lippizaner, den sie schon vor Remolinos Tod kaufte – und den sie mit offenem Herzen in ihr Leben ließ. Es geht weiter. Es gibt eine neue Liebe. Selbst, wenn man so verbunden war, wie Hermi mit Remolino. Auf allen Bildern, die ihr hier und im Kalender seht, seht Ihr das Resultat: Ein Paar. Eine große Freundschaft. Die Fotografin Sabine Grosser entdeckte die beiden, und erzählte mir von ihnen. Hermi konnte Remolino in allen möglichen Dressurlektionen reiten, auf der Weide wie auf dem Platz, frei ohne Kopfstück ebenso. Es sind Bilder, die eine Sehnsucht auslösen, und deshalb habe ich sie ausgesucht. Sie zeigen das Einssein, sie zeigen den Grund, warum wir alle Pferdeliebhaber sind und warum viele von uns gern reiten. Für diese Momente, die die meisten Menschen nur ab und an erleben. Diese beiden hatten sie häufig. Aber der Weg dorthin, der war nicht leicht.
Beide haben eine Vorgeschichte
Was Hermi geleistet hat, wird noch klarer, wenn man weiß, dass sie durch einen Unfall vor Jahren permanent Schmerzen hat. Ihre Hüfte war vielfach gebrochen. Reiterin war sie schon vor dem Unfall, Remolino kaufte sie danach: Ein ungestümes Jungpferd mit allerlei Altlasten aus Spanien. Wie das genau war, erzähle ich übrigens in der kommenden Ausgabe des Magazins Feine Hilfen.
Remolino war Hermis Ein und Alles. Er wohnt bei ihr daheim, auf dem elterlichen Hof in den Bergen, die Boxennachbarn sind zwei zahme Schweine und zwei Haflingerdamen. Sie sagte mir schon in unserem ersten Gespräch vor vielen Jahren: „Ich weiß nicht, ob es mich ohne Remolino noch geben würde.“ Das Pferd war ihr in vielen schweren Zeiten der wichtigste Halt.
Passage auf der Weide
Wie nah sie sich sind oder waren, wird in vielen kleinen Gesten sichtbar: Sie sonnte sich auf seiner Weide, er stupste sie sanft mit der Nase an. Der Schimmel folgte ihr ohne Halfter und Strick zur Weide, und wenn die beiden reiten gingen, dann mal mit Zaumzeug, mal ohne. Traversalen, erste Passage-Tritte, Galoppwechsel, all das konnte der Schimmel. Zur Dressurreiterin wurde sie erst mit diesem Pferd – als sie noch gesund war, war sie zufrieden mit Wald- und Wiesenritten. Wenn sie aufsteigen möchte, parkte Remolino millimetergenau neben der Aufstiegshilfe. Bis er exakt so dasteht, dass Hermi Schipflinger trotz ihres nicht so gut beweglichen linken Beins aufsitzen konnte.
Der schwere Beginn
Das alles war anfangs undenkbar. Remolino hatte eine denkbar kurze Leitung und war durchaus nicht ungefährlich für seine Reiterin – steigen oder bocken kam vor, und nicht sofort fand Hermi Schipflinger Ausbilder, die ihr helfen konnten.
Geholfen bei der Umschulung zum Reitpferd hat ihr schließlich Reitlehrer Thomas Ziepl. Ein junger Mann, der die klassische Reitweise pflegt, und den richtigen Draht zu Pferd und Schülerin fand. Er wiederum hat bei Marie Symbill gelernt, erzählt Hermi Schipflinger. Zwei Lehrwerke dieser Ausbilderin gibt es übrigens bei pferdia, ein Buch über den Damensattel und ein ausführliches Buch zur Dressurausbildung. Innerhalb von nur drei Jahren schulen sie im Team das Pferd vom Steiger und Buckler zu einem Vorzeigepferd um. Sie haben eine wahre Freundschaft.
Freiwilligkeit und Lob ist ganz wichtig für die Drei, denn Remolinos explosive Reaktionen kamen stets auf, wenn er vor etwas Angst hatte. Was er in Spanien alles erlebt hatte, ist unbekannt – aber das Verhalten wird seine Gründe gehabt haben.
Wie weiter, nach der großen Liebe?
Im August diesen Jahres musste Hermi Schipflinger Remolino einschläfern lassen. Davor standen viele Monate mit der Stoffwechselkrankheit Cushing. Als ich das hörte, schrieb ich ihr sofort. Es fällt mir schwer, mir eine Hermi ohne ihren Remolino vorzustellen. „Mein Goldschatz Remolino hat mir so viel Freude und wunderschöne, glückliche Momente bereitet“, erzählt sie. Der Verlust wäre immer noch seltsam, fast nicht wahr für sie, doch das junge Pferd tröste. Der Lippizaner ist momentan in der Kutschpferde-Ausbildung – ein neues Kapitel beginnt. Doch diese herzliche Dankbarkeit und das Annehmen des Charakters, egal, wie er denn ist, das ist nicht nur die Verbundenheit zwischen Hermi und Remolino – das ist auch einfach Hermi Schipflingers Sicht auf die Welt. Und die tut gut: „Amena hat so viel Herzlichkeit und Liebe in sich, dass ich es kaum glauben kann“, schreibt sie. „Und ich habe das alles Remolino zu verdanken, der ein so wunderbares Wesen ist und war.“ Das nennt man wohl bedingungslose Liebe. Etwas, das so viele Türen öffnet.
P.S.: In meinem ADVENTSKALENDER FÜR PFERDEMENSCHEN (den ihr HIER im pferdia-Shop bestellen könnt, oder HIER bei procavallo) findet Ihr weitere Motive mit Hermi Schipflinger.