10 Punkte, die ich am CHIO Aachen nicht mag

Abendstimmung am Springplatz auf dem Turnier CHIO Aachen.

Es ist eine Hassliebe, ich und der CHIO Aachen. Auf wehorse habe ich Euch 10 Punkte aufgeschrieben, die ich an diesem Turnier besonders mag. Hier ist die andere Liste, die 10 Punkte, die ich am CHIO so gar nicht mag:

  1. Der CHIO ist von einer echten Volksveranstaltung mit großem Sportlerherz zu einem Kommerztempel geworden. Das Sportlerherz ist natürlich noch da. Doch das viel gerühmte Aachener Publikum zieht immer mehr den Kürzeren. Das beginnt bei den Kartenpreisen, der vor Jahren wegrationalisierten Stehplatzwiese und endet bei Kleinigkeiten wie plumper Moderation auf den Nebenschauplätzen des Turniers.
  2. Das war mal ein echter Hammer in diesem Jahr: Die Nominierten des Medienpreises „Das silberne Pferd“. Der Preis wird von den Turnierveranstaltern gemeinsam mit dem Deutschen Reiter- und Fahrerverband e.V. vergeben. Ziel ist, Online-Publikationen zu ehren, die für den Pferdesport begeistern. Das hat im vergangenen Jahr auch hervorragend geklappt, da wurde Juliane Barth von „Julis Eventer“ ausgezeichnet: Eine Vielseitigkeitsreiterin, die über ihren Sport bloggt und zudem beruflich über diesen berichtet. Auch im Auftrag des CHIOs selbst übrigens. Das mag ein kleiner Beigeschmack sein, aber Tatsache ist: Juliane macht einen super Job und hatte den Preis total verdient. In diesem Jahr aber wurden zwei Kanäle nominiert, die einfach fern jeder ähnlichen Qualität sind: BinieBo und der Podcast Neunkommanull. Verständlich wäre die Nominierung von Biniebo, wenn das ein Preis für gut funktionierendes Marketing und Kooperationen wäre. Ist er aber nicht. Inhaltlich ist BinieBo vielleicht Wendy-Award-tauglich, mehr aber nicht. Der Podcast ist ebenso kaum erwähnenswert. Was bitte sollte das? Zum Glück hat dann doch sportschau.de, ebenfalls nominiert, den Preis bekommen (wer überträgt nochmal in diesem Jahr besonders üppig?!). Ich habe mich übrigens weder in diesem, noch im vorigen Jahr für den Preis beworben – ist also kein Neidding, das hier. Was ich mir wünschen würde: Dass der Deutsche Reiter- und Fahrerverband mal seine Aufgabe wahrnimmt und mal genauer guckt, wer da nominiert wird. Es gibt hervorragende Online-Angebote, die für den Reitsport begeistern, ohne an Qualität einzubüßen und Beliebigkeit hoch zehn zu vermarkten.
  3. Es gibt zwei Reitweisen, die neue Reitweise und die richtige, so ähnlich sagte das einst Paul Stecken. Die FEI, der internationale Verband, macht keinen Hehl daraus, dass die althergebrachten Richtlinien von uns aus Deutschland nicht mit ihrem Ideal 1:1 übereinstimmen. Dennoch macht es mich traurig, immer wieder von Neuem, dass das Fachliche immer mehr dem Showsport und der Vermarktbarkeit weicht. Kann man in fast allen Prüfungnen analysieren.
  4. Dass das Essenszelt für die Presse so abgelegen ist, dass ich es nie nutze. Ich glaube, ein Mal in acht Jahren oder so. (Aber dafür gibt’s ja Schokolade umme, damit bekommt man mich sehr milde gestimmt).
    Turnierplatz CHIO Aachen, grüner Rasen, Zuschauer
  5. Auf Aachen sind alle stolz. Und dabei zu sein, darauf sind auch alle stolz. Und dazuzugehören, eine Rolle da zu spielen. Das ist nicht ungefährlich. Was ich eindeutig nicht mag: Das Duckmäuserische von vielen Aktiven und Ehrenamtlern und der Stolz, dabei zu sein, der jede Selbstkritik wegwischt.
  6. Wobei wir dann beim nächsten wären: Eine Hand wäscht die andere. Wer weiter rein blickt, in das System CHIO und FEI, der sieht viele Fähnchen und Abnicker.
  7. Die Eitelkeit Aachens. Ich mag Aachen, ich bin gern Aachenerin. Ich bin Reiterin, ich arbeite im und für den Reitsport. Und dennoch: Diese Eitelkeit von Veranstalter, der Stadt und ihrer Repräsentanten selbst, sowie der Sport-Elite, die ist überflüssig. Alle wären noch besser in ihrem Job, wenn sie das husch, einfach mal lassen würden. Das betrifft natürlich nicht alle. Ich generalisiere. Aber unterm Strich würde es vielen gut stehen, da mal Federn zu lassen.
  8. Dass da irgendwelche C-Promis hofiert werden. Ist nicht meins, so etwas. Bei der letzten Media-Night, die ich besucht habe (das ist das IT-Fest des CHIOS), stand neben uns auf dem roten Teppich eine Dame, die 20 Minuten in jeglichen Positionen posieren musste, damit ihr älterer Lebensgefährte sie aus jeder Perspektive auf dem Handy hatte. Genau so erscheint es mir oft: Ein Event, der wie eine abgerissene Seite aus der Bunten funktioniert. Um fair zu sein: Man kann da gut tanzen und feiern, wenn man diese Seite ausblendet. Echt jetzt! (Und wir haben danach auf dem Rasen des Abreiteplatzes heimlich weitergetanzt. Und das war am besten)
  9. Dass ich so wenig reel gerittene Pferde sehe. Ich freue mich über jedes. Ehrlich wahr. Das erinnert mich an ein Gespräch vor Jahren über die Frankfurter Buchmesse. Ich, naiv, um die 20, sagte zu einer gestandenen Redakteurin: „Ist das nicht wunderbar dort, um neue Bücher zu entdecken?“ Sie: „Also das wäre der letzte Ort für mich, um gute Bücher zu entdecken!“ Ich: „Findest Du das etwa nicht toll da?“ Sie: „Doch, aber aus anderen Gründen: Das ist ein Ort zum Sehen und Gesehen werden, das ist ein Fest, aber es hat nichts mit literarischer Qualität zu tun!“  Das Gleiche trifft für reelen Reitsport zu und ein Weltturnier wie den CHIO.
  10. Dass die Kutschen im Wald abgeschafft wurden. Der Weg weg vom Volksfest begann vielleicht hier, oder war auf jeden Fall eine fette Etappe: Früher fuhren die Gespanne durch den Aachener Wald. Die Leute pilgerten dahin, es war eine tolle Atmosphäre, friedlich, besonders. Kostenlos war es natürlich auch. Das gibt’s nicht mehr. Schon lange nicht mehr. Sehr schade!

 

Ehrlich gesagt: Mir ist die Negativ-Liste schwerer gefallen als die Positiv-Liste drüben bei wehorse. Ich mag es dort. Trotz allem.

2 Kommentare

  1. Wirklich sehr interessante Perspektiven, insbesondere wo du noch mal mehr Einblicke hast, als jemand wie ich, der nur als Zuschauer dort war. Ich frage mich gerade auch welche Unterschiede zwischen der Presse und den Bloggern gemacht wird?

  2. Danke Kristine! Wie meinst Du das mit den Unterschieden? Also ich glaube, dass Blogger mit hoher Reichweite, die eher begeistern als kritisch beleuchten echt sehr willkommen sind!Es gibt auf jeden Fall keine Journalisten-Couchecke oder sowas, die sollen schön arbeiten und nicht sich rumfletzen ;o))). Die Arbeitsbedingungen für Journalisten sind wirklich sehr sehr gut – gutes W-Lan, gute Platzierung bzgl. Prüfungen gucken und hilfreiche Pressestelle mittendrin. Da kann man absolut nicht meckern! LG Jeannette