Hengste gucken – zwischen Netz und Realtität

Wird ne schwierige Kiste hier. Denn ich habe gerade von dieser Aktion, 6 Wochen lang ohne zu Meckern gehört. Mecker-Fasten also. Halte ich für sehr sinnvoll, besonders im Pferdebereich. Kein Lästern, ein Meckern, keine Schwarzmalerei.

Reitponyhengstschau in Münster

Schwer wird’s, weil: Ich war auf einer Hengstschau und habe viele tolle Pferde gesehen. Nur eben auch ganz schön viel Murks. Und wenn ich mich an mein neues Motto halte, darf ich darüber ja kaum was sagen. Also probiere ich es mal mit einem Mittelweg (denn streng genommen fängt das mit dem Meckerfasten ja auch erst Mittwoch an). Also: Ein Mal Entsetzen ohne irgendeinen Namen dazu zu nennen, und dann eine ordentliche Lobhudelei!

Takt und Durchschwung sehen

Man sagt ja: „Guck’ dir die Hengste in echt an“, bloß nicht nur Videos. Weiß jeder, ist kein Geheimtipp. Dennoch bin ich immer wieder davon geplättet, wie unterschiedlich Foto, Film und Realität sein können. Wie taktmäßig ein Pferd oder Pony geht, wie es seinen Körper nutzt, wie feingliedrig oder nicht es ist, all das sieht man mit den eigenen Augen so viel besser. Am Sonntag war ich auf der Kleinpferdehengstschau in Münster und habe so einige Internet-Favoriten meinerseits mal so ganz schnell wieder von der potentiellen Liste für unsere Reitponystute gestrichen.

Kreative Lösungen für bessere Bilder

Schon unfassbar, was man alles so nur über mediales Beobachten nicht sieht: Eine derart auffällige schlechte Hinterhandaktivität blieb bisher im Verborgenen (dank gut kuratierter Filmausschnitte und Bilder), ein schlechter Schritt wird weggeredet (einfach, indem man den mit Worten lobt und aus nichtssagenden Blickwinkeln filmt). Ein paar Reitponys waren dabei, wo ich dachte: „Schickes Pferd!“. Pferd wohlgemerkt. Von Pony war da nix mehr übrig. Aber es gibt auch ganz viel, das nicht bewusst weggelassen wird, was man einfach nur richtig wahrnehmen und sehen kann, wenn man es live sieht.

Das ganze Pferd wahrnehmen und erfassen geht eben nur in echt. Vor Ort.

Nach der Show hab’ ich mir nochmal geschworen: Ich sag’ nie wieder irgendwas über irgendeinen Hengst, den ich nicht in echt gesehen habe. Öffentlich, beruflich würde ich das sowieso nicht tun, aber auch nicht privat. Denn es können Welten zwischen den Eindrücken liegen.

Das beste Pony und zwei Gute

Übrigens gilt das auch im Positiven: Mein neuer Favorit war nämlich auf meiner ursprünglichen Liste gar nicht weit oben. Aber live war er einfach herausstechend unter allen Hengsten auf dieser Veranstaltung! So gut durch den Körper, so gleichmäßig gut in allen Gangarten und dazu so locker bewegte sich kaum ein anderer. Es war Cosmo Royale. Zuvor hatte ich immer weitergeblättert: Langweilige Fuchsfarbe (gemein, sorry, ich weiß, und ja, ein gutes Pferd hat keine Farbe…). Was aber auf einen Schlag völlig, völlig egal wird, wenn man den mal in Bewegung sieht. Der hat Schritt, Trab sowieso, der hat Galopp, der wird nicht breit, der geht schon ganz ordentlich durch die Ecken. Und sieht so aus, als ob man ihn an- und abschalten kann. Ist aber auch ganz gut beritten, das Pony. Also: Ich bin Fuchsfan für’s Erste.

Wer auf Instagram überzeugt

Witziges Detail übrigens: Ich habe Cosmo Royale meinen Instagram-Followern in der Story gezeigt. Ein guter Trab-Mitschnitt, allerdings kurz, ein paar Sekunden lang. Dann habe ich sie gegen einen Ponyhengst mit mehr Süß-Faktor abstimmen lassen, dem ich auch mehr Videozeit gegeben habe in der Story (2 Filme, ungefähr 3x soviel Zeit wie dem erstgenannten). Wer war im Team Cosmo Royale? Nur knappe 15 Prozent. Alle flogen auf das Pony mit mehr Süß-Faktor und mit mehr Videozeit. Ich bin mir sicher, dass das Ergebnis anders ausgefallen wäre, wenn sie beide Hengste ebenso live gesehen hätten.

Reitpony, von Kindern zu bedienen

Zwei andere, die mir besonders positiv aufgefallen sind, waren der zierliche Coer Noble, der sich nämlich von seiner kleinen Reiterin (und Besitzerin zugleich!) durch die Show pilotieren liess. Der war derjenige, der in meiner Story Cosmo Royale ausgestochen hat. Ein Pony mit sehr guten Grundgangarten und dazu noch sowas von brav. Nicht gerade selbstverständlich, dass ein Ponyhengst von einem Kind vorgestellt wird, wirklich toll! Außerdem mochte ich noch Diamond Touch –  kein Geheimtipp mehr, aber dennoch sympathisch. Mit Schritt, mit Galopp, Trab sowieso und mit ganz viel Ponycharme. Nur: Es muss ja auch passen. Mit Chamonix, die sich zwar auch sehr gut bewegen kann, aber ja auch ganz gern zulangt, könnte da ein etwas kugeliges Pony rauskommen, das allerdings fantastische Grundgangarten hat. Obwohl – das fände bestimmt auch seine Fans, eine richtige Knutschkugel habe ich da vor Augen. Also – alles noch nicht in trockenen Tüchern, mal sehen!

 

P.S.: Das waren natürlich nicht die einzigen guten Ponys da. Ich hab‘ eine Brille auf, und die heißt Chamonix. Meint: Ich gucke mir nur das genau an, was für meine Stute passen könnte.

2 Kommentare

  1. Ich war inzwischen auf einigen Hengstschauen dabei und kann diesen Unterschied zwischen Online und Real nur bestätigen. In einem Gespräch mit einem Mann, der in einer Körkommission dabei ist, machte er mir klar, dass auch Hengste mit niedrigen Bedeckungsraten nicht unbedingt die schlechtesten sein müssen. Es ist eher so, dass teuer eingekaufte Hengste besonders beworben werden müssen, damit die Kosten wieder rein kommen.

  2. Hi Kristine, es ist so vieles eine Managementfrage. Vom Beritt, Turnierplanung über Werbung und social media bis zu Photoshop…. ich kenne Fotografen, die sind stolz darauf, das Exterieur von Hengsten so zu bearbeiten, dass sie selbst hinterher nicht mehr sehen, was gefotoshoped war… schon krass. Daher: Nix geht über selbst hinschauen. Viele Grüße und Dankeschön für Deinen Kommentar.