„Meinem Abarlo kann man in die Seele gucken“

Isabelle Gerfer ist 21 Jahre alt, reitet international S-Springen, studiert Architektur und startete gerade im siebten Jahr beim Salut-Festival in Aachen. Dieses Turnier ist DAS Nachwuchsturnier für Junge Reiter in Deutschland. In der S***-Prüfung und in der Gesamtwertung holte sie den vierten Platz. Ihr kennt Isabelle schon aus DIESEM Text hier, wo ich Euch erzählt habe, dass sie die Springausbildung von meinem Pony Chamonix übernimmt. Ein Gespräch über Herzenspferde, Sporterfolg und worauf man achten muss, um junge Pferde beim Springen nicht zu überfordern.

Frisch vom Salut-Festival: Abarlo und Isabelle Gerfer beim S*** Springen am ersten Adventswochenende 2017 in der Albert-Vahle-Halle in Aachen. Abarlo ist zwölfjährig von Ustinov x Concorde.  Foto: Fotografie Marx

 

Damit wir Dich sportlich ein bisschen besser einschätzen können – was war bisher Dein größter Erfolg?

Einmal den Nationenpreis reiten zu dürfen. Das war in Frankreich in diesem Jahr, 2017, im Frühjahr in Fontainebleau . Es war schon immer mein Ziel, die Deutschlandjacke zu tragen und einen Nationenpreis zu reiten.

Wie funktioniert das eigentlich, dass man so eine Teamjacke mit Adler drauf bekommt? Gibt einem die der Bundestrainer vor dem Start?

Man bekommt das Jacket aus Warendorf per Post geschickt. Das war ein sehr schönes Gefühl, machte mich stolz, dieses tragen zu dürfen.

Und wie hast Du abgeschnitten?

Ich war mit meinem Abarlo in der ersten Runde null, in der zweiten Runde hatten wir zwei Fehler.

Letzte Saison bei den Jungen Reitern: Isabelle Gerfer. Hauptberuflich übrigens Studentin der Architektur. Foto: Klara Freitag

 

 

Abarlo ist Dein Herzenspferd, hast Du mir mal erzählt. Was magst Du besonders an ihm?

Man kann ihm immer in seine Seele gucken. Ich glaube jeder, nicht nur ich. Und Abarlo gibt immer mehr als 100 Prozent für einen. Mit ihm hatte ich meine größten Erfolge, bin eben den Nationenpreis geritten und habe schon zwei Mal Weltranglistenpunkte sammeln können.

Momentan bin ich auf Platz 1600 auf der Welt, immerhin! Die nächsten 1000 Plätze werden wohl anstrengender!

 

(Sie lacht einmal laut auf, als sie von diesem 1600.sten Platz spricht, so als wäre das völlig irrelevant, so ein Platz ziemlich weit hinten.)

 

Wie bist Du denn an Abarlo gekommen?

Ich bin mit meinem damaligen Trainer zu Holger Hetzel gefahren, weil ich ein neues Pferd suchte. Als ich ihn ausprobiert, habe, das war ganz besonders. Ich hatte noch nie so ein Gefühl auf einem Pferd vorher. Da war Abarlo acht Jahre alt, jetzt ist er zwölf. Einerseits habe ich mich total wohl gefühlt auf ihm, und andererseits gedacht: „Auf einem Pferd das so ein Potential hat, saß ich vorher nie!“

 

Hast Du vermutet, der ist unbezahlbar?

Ich hab’ mir gedacht, warum lässt der uns den ausprobieren, dass ist doch bestimmt nicht unsere Preisklasse. Aber auch das passte dann doch. Mittlerweile aber ist Arbalo für mich unbezahlbar.

 

Warum denkst Du, durftest du ihn probieren und er blieb innerhalb Euren Budgets?

Ich glaube, die haben ihn unterschätzt. Er meinte später schon mal, falls ich ihn wieder abgeben wolle, solle ich mich melden. Aber was der für mich wert ist, kann keiner bezahlen.

 

Wir kennen uns ja, weil Du mein Pony Chamonix ans Springen heranführst. Was muss man vor allem beachten, wenn man junge Springpferde ausbildet? Oder generell junge Pferde springt, egal, ob Springpferd, oder nicht?

Man muss ihnen Sicherheit geben. Auch bei einem Fehler darf man da oben drauf nicht unruhig werden, sondern das mit Ruhe noch mal machen. Und man darf sie nicht übrefordern.

Making of: So sah’s aus während unseres Interviews in der Stallgasse! Foto: Klara Freitag

 

Überfordern hat ja viele Gesichter. An was denkst Du da besonders?

Viele junge Pferde zeigen sich lernbereit. Man muss aufpassen dass man selbst nicht mehr möchte, man sollte bei jungen Pferden eher einen Gang zurück schalten.

 

Kannst Du ein Beispiel nennen?

Klar, ein ganz aktuelles: Mein Fünfjähriger sollte heute Turnier laufen. Aber er wächst gerade so viel, dass er mit seinem eigenen Körper überfordert ist. Montpellier de Muze, so heißt er, ist hinten viel größer als vorn und hat gleichzeitig so viel Kraft bekommen, dass er gar nicht weiss, wohin damit. Er hat turniermäßig daher Winterpause, der darf erst mal fertig wachsen. Ich longiere und reite ihn, aber fahre nicht auf Turnier. Wann man solche Pausen braucht, ist von Pferd zu Pferd komplett unterschiedlich. Mancher ist schon fertig mit fünf Jahren, andere noch nicht.

Isabelle auf Chamonix – da saß sie das vierte Mal auf meinem Pony. Foto: Klara Freitag

 

Wir haben gerade Mitte Oktober, und Du hast zum vierten Mal mein Pony gesprungen. Sogar ohne Vorlegestange! Ich war überrascht, wie schnell das dann doch möglich ist, von der einzelnen Galoppstange auf dem Boden hin zu einem kleinen Steilsprung ohne Vorlegestange. Ist das ein typischer Ablauf?

Das ist von Pferd zu Pferd unterschiedlich und kommt darauf an, wie die Pferde in der Balance sind und wie sie zum Sprung hingehen. Ich habe heute die Stangen davor weggenommen, weil sie sich gut vorschicken oder zurücknehmen lässt, daher geht es schon ohne. Andere Pferde, für die das schwieriger ist, brauchen eine Vorlegestange, damit sie auf jeden Fall passend kommen.

 

Wie lange dauert es denn ungefähr, bis ein Pferd, das einmal die Woche gesprungen wird, sich so gut eingefunden hat, dass man sagen kann, es hat etwas Erfahrung und kann selbst den Absprung taxieren? Du ahnst: ich würde gern wissen, wann ich oder jemand anders Chamonix auch mal springen kann, ohne sie zu verunsichern oder Deine Arbeit kaputt zu machen.

Auch das ist von Pferd zu Pferd unterschiedlich. Chamonix ist von der Art her lieb und stellt sich gut an. Es gibt auch Pferde, die immer mehr Unterstützung brauchen. Bei ihr vermute ich mal, das sie nach einer Wintersaison ein bisschen Erfahrung hat und selbst die Sprünge besser einschätzen kann, also nicht ganz so viel Unterstützung braucht.

Isabelle rechts, ich links, schönes schimmeliges Frührentnerpferd oben! Foto: Klara Freitag

 

Eine Wintersaison klingt absolut machbar! Was sind denn Deine Ziele für das kommende Jahr 2018?

Eigentlich habe ich alles erreicht, was ich wollte. Ich war im Bundeskader, habe einen Nationenpreis geritten, habe seit einem Jahr mein Goldenes Reitabzeichen. Sogar Weltranglistenpunkte, daran habe ich nie dran gedacht! Ich hab’ zwar nur 45 Punkte – aber wenn man meinen Namen da angibt, gibt es mich! Ich hätte nie gedacht, dass ich in dem Sport so weit komme. Mama und Papa sind ländlich bis S geritten, aber ich habe nur an ländliche Turniere gedacht, nicht an Weltranglistenpunkte.

 

Mit auf der Tribüne beim Salut-Festival saßen auch Deine Eltern und fieberten mit. Du bist ein Familienmensch, nicht wahr?

Ja, meine Eltern fahren beide mit mir zum Turnier, ohne die fahr ich ungern. Reiten tun sie allerdings nur noch wenig – mein Vater noch beim Rosenmontagszug, aber das war’s dann auch!

Isabelles facebook-Seite findet Ihr hier: https://www.facebook.com/isabelle.gerfer

Und ihre Instagram-Seite mit aktuellem Springvideo von einer Nullrunde mit Abarlo vom Salutfestival hier:
https://www.instagram.com/isige/ 

Den Text über unsere Zusammenarbeit mit meinem Pony Chamonix hier auf dem Blog findet Ihr hier:

Die vielseitige Ausbildung – Chamonix lernt Springen

Kommentare sind geschlossen.