Neuerdings habe ich eine Rarität im Stall: Ein einfaches Pferd.
Meist hat man ja den Eindruck, das gibt’s gar nicht mehr. Auch ich hatte bisher den Typ Prinzessin auf der Erbse im Stall, und ich liebte sie (das wisst Ihr ja). Und ich kenne genug Leute, die sich unkomplizierte Pferde kaufen wollen und einfach keins finden.
Mein Rezept, so ein Pferd zu finden, ist nicht zum Nachahmen geeignet. Dieses Pferd habe ich so gekauft: Ich wusste, was ich wollte (sehr gute Zuchtstute mit Potential zum Sportpony, vom Gemüt her ein Kinderpony). Dann habe ich dem richtigen Menschen vertraut. Es stand auf der Weide, das Pony, mit Fohlen bei Fuß, also ausprobieren ging nicht. Ein Video aus ihrer Turnierzeit habe ich gesehen. Ich habe nicht einmal drauf gesessen, und ich habe keine Ankaufsuntersuchung machen lassen. Also genau so, wie man das nicht machen soll.
Muss ich nicht erwähnen, dass meine Tierärztin das ziemlich doof fand, und auch ansonsten mich die Menschen mit großen Augen anguckten, als ich das erzählte. Die kritische Jeannette, die sich um alles Mögliche einen Kopf macht, kauft auf diese Art und Weise ein Pferd.
Meine Erwartungen wurden aber nicht enttäuscht. Im Gegenteil. Sie war sogar noch besser, als ich dachte.
Diese Ponystute guckt sich neue Situationen in aller Ruhe an. Sie hat noch nie gebuckelt oder sonstigen Blödsinn gemacht. Und das, nachdem sie zwei Jahre nur auf der Weide stand. Ich hätte ihr den ein oder anderen Buckler oder Tester schon verziehen und auch zugetraut. Aber: das gab es einfach nicht. Anlongiert, bis wieder etwas Kondition da war. Dann an der Longe draufgesetzt, am nächsten Tag ohne Longe geritten, am Tag danach ins Gelände. Unglaublich.
Darf ich galoppieren?
Sie nimmt es nicht krumm, wenn der Reiter einen Fehler macht, das Kind in den Rücken plumpst oder sonst was. Chamonix war zuvor nicht von Kindern geritten, aber wir haben jetzt schon alles Mögliche ausprobiert: Absteigen über die Kruppe (namens ‚Popo-Rutsche’), knien auf dem Pony, erste Voltigierübungen. Sie geht ins Gelände, galoppiert in der Gruppe an jeder Stelle, und das ruhig. Sie fragt mit zum Reiter gewendeten Ohr ganz fein an, ob sie denn mitgaloppieren darf, oder nicht. Auch wenn die anderen schon los sind. Ohne nur ein bisschen flotter zu werden. Das Pony steigt in den Anhänger ein, ohne mit der Wimper zu zucken. Es gibt sich in der Dressurarbeit wahnsinnig viel Mühe und ist sehr geschickt. Einmal übertreten an der Hand gezeigt – und schwupps, bietet sie es das nächste Mal sofort an.
Vom Glück, ein einfaches Pferd zu haben
Noch nie habe ich so ein einfaches Pferd gehabt, glaube ich. So sensibel und brav zugleich.
Dabei ist das kein Wald- und Wiesenpony, das auf pur brav gezüchtet wurde. Das ist ein Sportpony. Sie war vorher zwei Jahre lang nur Mama, und davor, von drei bis fünf Jahren, ging sie die üblichen Jungpferdeprüfungen bis hin zum Bundeschampionat. Das merkt man manchmal noch – es ist schwierig für kleine Kinder, sie mit ihrem Wahnsinnsschwung zu sitzen. Kommt dann der Schenkel ein wenig zu viel (als Anker in der Not, auch Klemmen genannt, grins, ja, das kommt leider schon mal vor), dann denkt sie: „Ah, Mitteltrab! DAS kann ich, und zwar wie!“ Findet das Kind in Sitznot nicht so prickelnd, aber über die Stimme ist die Ponystute ganz schnell wieder runtergefahren. Wir arbeiten also gerade daran, den Trab von groß auf kindertauglich zu verändern. Hust.
Also – manchmal braucht man einfach Glück im Leben! Und Menschen, die solche Edelsteine einem anvertrauen (Danke, Christina!). Und das Zutrauen ins Pony – es ist einfach unglaublich, und so vieles ist für sie selbstverständlich, wo ich noch denke: „Na, mal schauen, ob das geht, wie sie sich verhält und so.“ Pony sagt dann immer: „Klar, warum nicht?“
Schätzt diese Edelsteine – es ist so toll, mal ein einfaches Pferd zu haben.