Wir haben einen Tierarzt bei uns in der Gegend, der gut aussehen soll. Sagt man, ähm, Frau. Die Teenies kämmen sich die Haare auf den Toiletten der Reitställe, bevor er kommt, und die frisch Getrennten tauchen hübsch geschminkt im Stall auf. (Die ‚frisch Geschiedenen’ werden in einer Reitsportfirma intern tatsächlich als spezielle Zielgruppe gehandelt, um eine bestimmte Mode – enger, auffälliger, luxuriöser – zu kaufen. Unglaublich.)
Nicht, dass mir so etwas nicht auffallen würde („Wer ist DAS?“ war auch, obwohl ich durch beide oben genannten Zielgruppenraster falle, meine erste Frage).
Alle Heuhalme zu mir
Was mich noch brennender interessiert: Wie zur Hölle schaffen es überhaupt andere Frauen, am Stall gut auszusehen? Es gibt ja diese Menschen, die natürlicherweise wie aus dem Ei gepellt aussehen, immer. Ich gehöre jedoch eher zu „Alle-Heuhalme-der-Welt-kommt-her-zu-mir“-Fraktion.
Sobald ich auf dem Pferd sitze, ist mein Kopf rot. Sobald ich mein Pferd gekrault oder gestriegelt oder auch nur raus gebracht habe – ist da eine schöne schwarze Kante unter den Fingernägeln. Mein Pferd sabbert mich auch gern an, mit Möhrenspucke. Oder Leckerli-Schaumgemisch, gern in roten Tönen. Die verteilt es gern großflächig auf meiner Jacke. Unser Stall ist wirklich sauber und ordentlich, aber das heißt nicht, dass es mir nicht gelingen würde, mitten in die einsam ausharrende Matsche zu stampfen. Oder in Katzenfutterschüsseln. Ich habe auch gern Heu an den Ärmeln hängen oder an der Fleeceweste (wer zur Hölle erfindet Fleecewesten, an denen jedes Haar und jede Art von Einstreu kleben bleibt, für Reiter?).
Pferde machen von innen schön, ja, das würde ich sofort unterschreiben. Heu in Schubkarren laden und an neugierige Nasen verteilen: ziehe ich nach einem bescheidenen Tag sogar dem Yoga oder Weißwein vor (und beides mag ich sehr). Wenn irgendetwas besonders gut im Sattel geklappt hat: grinse ich noch Stunden danach. Ich will im Leben immer alles volle Kanne, und das heißt bei Pferden: mittendrin statt nett an der Bande in schick. Für mich. Kann ja jeder anders machen.
Prada macht schwitzende Reiterinnen hip
Äußerlich bin ich damit hipper, als ich je dachte. Denn kürzlich wurde dieser Mitten-Drin-Look entdeckt. Von den ganz Großen des Modebusiness: Emilio Pucci, Prada und Gucci zum Beispiel. Der Look von Reiterinnen ist auf den Laufstegen der Welt angekommen.
Die typischste Reitfrisur überhaupt ist in: plattgedrücktes Haar, richtig angeklatscht, gern auch mit Gel am Ansatz, damit es noch ungewaschener aussieht, Seiten hinter die Ohren stecken, Strähnen so verwurschteln, dass es ein wenig ungekämmt, aber noch nicht verlaust aussieht. Als ich DIESE Fotos von der Mailand Fashion Week sah, dachte ich: Hey, so seh ich doch jedes Mal nach dem Reiten aus.
Und hab‘ das direkt mal nachgestylt (haha, das wollte ich immer schon mal sagen können).
Also, liebe Reiterinnen: egal, ob ihr zur ‚automatisch wie aus dem Ei gepellt’-Fraktion gehört oder zu meiner ‚ich sammele jedes Heuhälmchen auf’-Gruppe zählt: obenrum sind wir alle echt hip, sobald wir vom Pferd steigen und die Kappe abziehen.
Geht ja nicht, dass das niemand weiß, WIE trendy wir schwitzenden Reiterfrauen so sind, ne. Also: jetzt wisst Ihr’s.
Muss nur noch jemand den sich kämmenden Teenagern erzählen.
Nicht, dass ich reiten würde, aber ich sehe beim Offroaden auch nie wie aus dem Ei gepellt aus. Und Matsch gibt es da auch eine Menge. Ich denke, wer glücklich ist, der ist immer schön, egal wie er/sie aussieht. Liebe Grüße, nik
Liebe Nik, genau – ab in die Pfützen! Wenn wir wieder unseren Schlamm aus dem Gesicht waschen, bzw. die Klamotten voller Pferdehaare gegen saubere tauschen – es bleibt das Strahlen. Ich glaube, ich brauche heut noch ne Portion Glücks-Schmutz, sozusagen! LG Jeannette