„Weg vom Zügel!“ Interview mit Lisa Röckener

Lisa Röckener, 22 Jahre alt, hat es in diesem Jahr mehrfach geschafft, mich zu beeindrucken. Sie reitet wunderbar fein, und das auf ganz unterschiedliche Weisen: Im Vielseitigkeitssport, auf Shows und daheim mit Halsring, und dazu macht sie auch noch Bodenarbeit, Horsemanship, ein bisschen Zirzensik und so verrückte Sachen, wie Geländesprünge mit Halsring und Pad zu überwinden. 

 

Das alles nicht irgendwie, sondern in schöner Manier, mit guter Selbsthaltung des Pferdes und vorbildlichem Sitz. Eine Wohltat! Also: Ein Gespräch mit Lisa Röckener stand dringend an! Hier ist es für Euch.

Lisa, Du hast heute früh um 4 Uhr 30 gepostet, dass Du jetzt Joggen gehst, vor der Uni. Jetzt ist es 19 Uhr 30, Freitagabend, und Du hast bis eben geritten und Pferde versorgt. Ist das ein normales Programm für Dich?

Das war ziemlich nass heute, das Joggen, ich konnte meine Sachen danach auswringen, so hat es geregnet! Zwei Mal in der Woche stehe ich so früh auf, sonst bekomme ich das Joggen nicht im Tagesablauf unter. Ansonsten muss ich erst um fünf, sechs Uhr raus, reite drei Pferde zuhause täglich und ein paar Berittpferde außerhalb.

Zusätzlich studierst Du in Münster. 

Ja, Chemie und Sport. Ich hatte die Idee, Lehrerin zu werden. Zumindest war das mal der Plan, bevor das mit dem Reiten so eine Fahrt aufnahm.

Du machst wahnsinnig tolle Sachen reiterlich – bei wem hast Du gelernt?

Es fing an mit Ponyspringen und – dressur mit Reitlehrern hier aus der Region. 2012 bin ich in den Vielseitigkeits-Perspektivkader aufgenommen worden. Da sind wir auch schon mal zu Lehrgängen bei Dibowski, Auffahrt oder Hoy gefahren, nach Luhmühlen und zur Bundeswehrreitschule nach Warendorf. So habe ich mich in Dressur, Springen und Geländereiten verbessert. Für die Freiarbeit und die Bodenarbeit hatte ich niemanden, der mit das beigebracht hat. Ich habe einen Grundlagenkurs Bodenarbeit und Führen bei Anne Krüger gemacht und danach selbst einfach ausprobiert. Der Kurs war aber noch zu einer Zeit, als ich mich voll auf den Turniersport konzentriert habe.

 

Weshalb hat sich das geändert irgendwann?

Ich hatte 2013 hatte ich einen schweren Sturz mit meinem Vielseitigkeitspferd. Ich musste operiert werden, das Schlüsselbein guckte fast raus. Ich bin danach zwar mit meinem Pferd bis M Springen geritten, aber ich hatte Angst vor festen Hindernissen. In der Vielseitigkeit darf man Respekt haben, aber keine Angst. Also habe ich überlegt, dass sich etwas ändern muss.

 

Dann begann die Zeit mit Deinem wichtigsten Pferd Valoo. 

Genau, Valoo war ein Zufallskauf eigentlich. Er war drei Jahre alt, angeritten, man konnte soeben im Schritt, Trab, Galopp draufsitzen und außen herum reiten. Das hat mich wieder zurück zur Bodenarbeit geführt. Valoo ist von sich aus total neugierig, wenn da Planen, Regenschirmen oder so liegen wollte er immer hin. Mich hat das herausgefordert, ich wollte wissen, wie weit man sowas fördern kann. Außerdem war er ziemlich frech und machomäßig. Also war ich wieder bei Anne Krüger mit ihm.

 

Sie ist als Showreiterin bekannt, hat Nummern mit Enten und Hunden im Programm.

Ja, ursprünglich waren wir auch mit unseren Hunden bei ihr. Dort haben wir an Grundlagen gearbeitet, wie zum Beispiel an welcher Position ich am Pferd stehe. Mittlerweile arbeiten wir nicht mehr zusammen, jeder geht seinen eigenen Weg und mein Bruder Matthes und ich arbeiten auf unsere Art und Weise. Ich kann wirklich nicht sagen, dass ich meine Freiarbeit komplett von einem bestimmten Trainer habe.

 

Sondern? 

Ich habe einfach ganz viel Zeit mit Valoo verbracht. Manchmal war ich eine Stunde am Reitplatz, um mein Pferd zu beobachten, um zu verstehen, wie mein Pferd tickt. Ohne selbst etwas zu machen, einfach nur um zu gucken. Ich habe auch kein Buch oder so dazu gelesen oder youtube Videos geschaut. Ich habe nie gegoogelt: „wie mache ich das, dass mein Pferd mir folgt?“ Ich habe da einfach irgendwann gemerkt: „Aha, wenn ich meine Schulter drehe, dann kommt der mit!“

 

Foto: Yvonne Voss, YV Photo Art.www.yv-photo-art.de

 

Auf Instagram zeigst Du in Deinen Stories, dass Du viel mit Deinem Bruder trainierst, er macht auch Bodenarbeit mit Pferden.

Ja, mein Bruder hat auch immer neue Ideen. Wir probieren einfach aus, sitzten da mal drei oder vier Stunden auf der Wiese und testen Sachen aus.

 

Ihr habt Eure Pferde zuhause, richtig?

Ja, zum Glück , mit einem Sandplatz mit Flutlicht, einem Springplatz auf Gras und einer selbstgebauten Geländestrecke. Das haben wir in den Schulferein alle zusammen gemacht – Gräben und Hecken dafür mit meinem Vater angelegt.

 


TIPP: Lisa Röckener ist am 24. und 25. Februar bei uns 

und gibt einen Kurs zum Thema „Weg vom Zügel“.

Es ist noch 1 einziger Reiterplatz frei und 4 Zuschauerplätze!

Alle Infos HIER im Blog unter ‚Kurse‘!

 

Haben Deine Eltern etwas mit Pferden zu tun?

Mein Vater ist Hufschmied, meine Mutter ist geritten, bis vor fünf Jahren ihr Friese gestorben ist. Sie näht unsere Kostüme für die Shows.

 

Du hast Alizée Froment schon assistiert, und auch mal im Sattel ihrer Pferde gesessen. Wie fühlte sich ihr Spitzenpferd Mistral denn an?

Es hat sich krass angefühlt, dieses Pferd ist nicht normal! (sie lacht und klingt sehr begeistert) So sensibel! Auf Sultan, ihrem Schimmel, saß ich vorher schon mal. Die sind so sensibel, am Bein, auf Gewichtshilfen, einfach geil, ich wollte gar nicht mehr runter!

 

Du warst dann auch zwei Monate bei ihr in Tschechien, wo sie mittlerweile wohnt, und hast dort geritten. Was hast Du aus dieser Zeit mitgenommen?

Mein Valoo war mit, und das war eine lehrreiche Zeit. Ich reite jetzt noch handunabhängiger, und bin noch stabiler im Sitz geworden. Alles, was in Richtung Versammlung und mehr Aufrichtung geht, kann ich nun viel mehr über Gewicht reiten. Endlich mal ein Trainer, der sagt Hand weg! Das war das Schöne: Ich kann mich darauf verlassen, was sie tut, und brauche keine Sorge haben, dass es gegen das Pferd gerichtet ist. Was haben wir noch verbessert?

 

… sie überlegt, wartet kurz und sagt dann… 

Bei den Seitengängen, da haperte es bei uns, und an der Galopparbeit haben wir gefeilt. paar Einheiten Freiarbeit haben wir auch gemacht. Wir haben daran gearbeitet, dass Valoo zum Beispiel beim spanischen Schritt höher kommt.

 

Wie habt Ihr das denn gemacht?

Wir haben Sultan und Valoo nebeneinander gestellt und den Spanischen Schritt abgefragt. Die Hoffnung war, dass Valoo durch Sultan angespornt wird, noch mehr zu machen.

 

Und das hat funktioniert?

Ja, hat es! Auch in der Freiarbeit haben wir sie gemeinsam gearbeitet und sie zum Beispiel aus unterschiedlichen Ecken zu uns laufen lassen. Valoo hat dadurch mehr Ehrgeiz bekommen, zu laufen.

 

 

>>> Spannend? Ich finde absolut. Den Teil Zwei des Interviews lest ihr in der ersten Februarwoche auf dem Blog! Wer Lust bekommen hat, in die Richtung zu arbeiten: Unten habe ich unsere pferdia-Alizée-Froment-Videos verlinkt.

Alle Infos zu Lisas Kurs bei uns findet Ihr HIER.

 

Link zu Lisa Röckeners wunderbarem Instagram-Kanal, der sich wirklich lohnt (was anscheinend mehr als 76.000 Leute auch so sehen): https://www.instagram.com/lisa_roeckener/ 
Link zu den Fotos: Yvonne Voss, YV Photo Art, findet hier hier: www.yv-photo-art.de

2 Kommentare

  1. Lisa Röckener ist nicht nur wahnsinnig inspirierend, sondern erfüllt mit gerade einmal 22 Jahren eine richtige Vorbildfunktion. Der Reitsport braucht mehr Lisas! 🙂

    Danke für das schöne Interview – ich freue mich auf den zweiten Teil!

    Liebe Grüße
    Katja

  2. Hallo Katja, find‘ ich auch! Danke für Deinen Kommentar! Liebe Grüße Jeannette