Beste Freunde

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Die Zuckerschnuten Lina und Bryan.                                                                              Foto: Klara Freitag

 

Hineingekuschelt in unser kleines Heulager direkt neben dem Offenstall – das sind Lina und Bryan. Die beiden gehören zu einer der guten Seelen auf unserem Hof, also dem Hof, wo mein Pferd steht.

So richtig schätzen kann man viele Sachen erst, wenn sie nicht mehr normal sind. Hunde am Pferdestall zum Beispiel. Mein Herzenshund Nike ist nämlich alt (genau wie das Pferd, leider werden sie bei mir alle gleichzeitig zu Senioren momentan). Letzten Winter hat sie mich noch mit Hundemantel zum Stall begleitet, auf einem riiiiesigen Haufen Pferdedecken gelegen, oft sogar eingekuschelt darin, richtig warm eingepackt, das fand sie toll. Während ich Fee geputzt und geritten habe, lag sie da, während ich Reitunterricht für Kinder gegeben habe, hat sie die Nachmittage mit mir am Stall verbracht. Alle Kinder liebten meine Nike, einen Dalmatiner, und sie liebte die Kinderhände, vom Gemüt her ist sie nämlich eher eine Schmusekatze.

In diesem Herbst habe ich den letzten Ausritt mit ihr gemacht. Fee, Nike, ich. So war es oft, und es war herrlich. Von diesem letzten Ausritt gibt es sogar noch ein paar Bilder auf meinem Instagram-Account und auch HIER. Es war ein superschöner Samstag im Dezember. Was ich damals nicht geschrieben habe: Es war unser letzter gemeinsamer Ausritt. Nike hört fast nichts mehr, und das ist einfach zu gefährlich als Reitbegleithund. Das wurde mir an diesem Tag bewusst. Sie lief ein, zwei Meter neben dem Weg durch den Wald, und hörte mich nicht. Ich kann sie immer abrufen, eigentlich, und Pfeiffgeräusche kommen auch noch an, die kann sie noch hören. An dem Tag aber nicht, vielleicht kam der Wind von der falschen Seite? Ich entschied mich da für die Schock-Moment-Methode, trabte an, und zum Glück bemerkte Nike das und beeilte sich, uns hinterher zu kommen. Da dachte ich jedoch: Was, wenn sie irgendwas in die Nase bekommt, und ich sie mal nicht sofort zurückholen kann? Wenn sie mich nicht hört? Und auch nicht wahrnimmt? Sie würde im Wald umherirren. Es geht nicht mehr. Ich entschied: das war unser letzter Ausritt.

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„Nö. Ich geh‘ nicht mit.“ Das sagt mir mein Hund jetzt immer öfter. Früher musste ich darüber nachdenken, wie ich ihre große Bewegungslust stille, jetzt denke ich darüber nach „kann ich sie mitnehmen – oder ist der Weg zu weit?“                                                                       Foto: Gudrun Petersen

 

Es haben sich seitdem noch viel mehr Dinge verändert: Wir gehen jetzt auch nur noch mit Leine spazieren. Auch das, weil sie mich nicht mehr hört. Es gibt seit neuestem ein Treppengitter in meinem Haus, bei uns nicht fürs Kind, sondern weil der altersklapprige Hund die Treppe dreimal des Nachts herunter gefallen ist. Zu gefährlich. Wir haben auch die Glas-Haustüre blickdicht verhangen – bei jedem Schatten schlägt sie nämlich neuerdings an. Sie wird unsicherer und dadurch wachsamer, weil sie merkt, dass Kräfte schwinden, nehme ich an. Seit Weihnachten geht sie nur noch mit mir die kleinste Spazier-Runde, die möglich ist, dann will sie nach Hause. Mit allen anderen geht sie gar nicht mehr raus – sie bleibt einfach stehen, sobald sie Blase und Darm geleert hat und will zurück. Zum Reitunterricht kommt sie auch nicht mehr mit – es wäre nicht mehr schön für sie, es wäre nur unbequem und eine Zumutung. Mein liebster Hund ist eine alte Dame geworden, die zufrieden ist, wenn sie in ihrem Körbchen liegt, wir alle unten im Erdgeschoss in der Nähe sind, sie gestreichelt wird und viel zu essen bekommt (was geht, weil sie eher zu dünn ist). Schnuppern findet sie super, der Riechsinn kommt mir noch ausgeprägter vor als er je war, vielleicht, weil die anderen Sinne zurücktreten.

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Meine Hundeliebe Nike und ich.                                                         Foto: Gudrun Petersen

Lina und Bryan sind putzmunter und begrüßen mich und jeden anderen Gast am Tor zum Pferdestall. Sie freuen sich über streichelnde Hände, und Lina sitzt gern neben Fee und mir, wenn ich meinem Pferd ihre Futterschüssel nach der Arbeit hinstelle. Sie wartet darauf, Fees Reste zu vertilgen, auch wenn es nur ein paar Körnchen sind, die auf dem Boden verteilt liegen. Es ist herrlich, sie anzusehen. Es ist herrlich, dass sie dabei sind. Ich liebe meinen alten Hund natürlich wie eh und je. Vielleicht sogar noch etwas mehr, weil ich weiß, sie wird nicht mehr ewig bei uns sein. Aber ich wünschte auch, ich hätte all die wunderschönen Ausritte noch mehr genossen, noch mehr in meinem Inneren gespeichert. Es kommt nicht wieder, nichts.

Es gibt nur JETZT.

Das ist dennoch kein Grund zum Trübsal blasen. Das hilft nämlich einfach niemandem. Doch es ist ein Grund, das was da ist, noch mehr zu begrüßen: Macht es Euch schön, so schön, wie es eben geht! Ich geh dann mal jemanden kuscheln, der es besonders zu schätzen weiß.

4 Kommentare

  1. Einfach wieder wunderschön geschrieben und trifft mitten ins Herz.
    Danke dafür 🙂

  2. Das hast du soo schön geschrieben, Jeannette! Es ist wirklich so, nichts ist selbstverständlich. Ich denke immer noch jeden Tag an Luke und ich vemisse ihn sehr, jetzt, wo wieder Frühling wird und die Weidezeit kommt. Schön, dass Du zwei neue Begleiter hast zum Ausreiten irgendwann und dass Nike zufrieden in ihrem Korb liegen darf. Alles hat seine Zeit!

  3. Danke Stefanie – das freut mich wirklich, wirklich sehr.

  4. Hallo Sigrid, danke Dir! Es wird erst seit zwei Tagen Frühling, so fühlt es sich für mich an, nicht wahr? Ja, irgendwie ist gerade eine Abschieds-Zeit. Lina und Bryan gucken uns nur am Stall zu – die beiden süßen Racker nehme ich nicht mit zum Ausreiten ;o)